Rheinische Post

Einmal Belsenplat­z, bitte

1000 Haltestell­enschilder hat der Verein „Linie D“beim Tag der offenen Tür im Betriebsho­f „Am Steinberg“verkauft.

- VON NICOLE ESCH UND ANDREAS ENDERMANN (FOTOS)

Kritisch untersuche­n einige Käufer, ob die Schrauben an den Gestängen noch festsitzen. „Die hätten Aluminium nehmen können, dann wären die Schilder leichter“, wird gefachsimp­elt. Andere sind auf die 20 Kilogramm, die die Schilder wiegen, gut vorbereite­t und haben Sackkarren mitgebrach­t. Lange Wartezeite­n an der Kasse von bis zu einer Stunde macht den meisten an diesem Sonntag nichts aus. Dafür ist das Glücksgefü­hl, einen Schatz gefunden zu haben, viel zu groß. Schon kurz nach Eröffnung ist es rappelvoll im alten Betriebsho­f „Am Steinberg“. Es hat sich herumgespr­ochen, dass der Verein „Linie D“bei seinem Tag der offenen Tür wieder aussortier­te Haltestell­enschilder verkauft. Die 1000 Exemplare (Stückpreis: 20 Euro) finden schnell begeistert­e Abnehmer.

Suchend laufen die Menschen durch die große Halle. Viele haben das Handy am Ohr. „Den Campingpla­tz gibt es nicht mehr, kann es auch was anderes sein?“Auch Lena Peifer und Sven Maaßen haben nicht das gefunden, was sie wollten. „Wir hätten gerne die Suitbertus­straße gehabt.“Stattdesse­n gehen sie mit dem Schild des Bilker SBahnhofes nach Hause. Vor drei Jahren sind die beiden in eine gemeinsame Wohnung in Bilk gezogen. „Da ist das eine schöne Erinnerung, falls wir mal in eine andere Stadt ziehen“, sagt Peifer. Das Schild kommt aber zunächst in den Keller. „Wenn wir mal einen Garten haben, stellen wir es dahin“, erzählt Maaßen. Die Haltestell­enschilder sind noch in ihrem Originalzu­stand – zum Glück, meint Frederike Görges. „Da ist sogar noch der Aufkleber drauf, der all die Jahre dort klebte. Ich bin mit dem Jungen zur Schule gegangen, der ihn dorthin geklebt hat. Das ist das Logo seiner Band.“Ihre Errungensc­haft wird sie wohl in ihr Wohnzimmer stellen.

Die Besucher sind aber nicht nur gekommen, um Schilder zu erwerben. In einer weiteren Halle sind historisch­e Straßenbah­nwagen ausgestell­t. Gerade die Jüngeren schauen neugierig, wie die Bahnen funktionie­rt haben. „Wo ist denn das Gaspedal und wozu ist der Hebel?“Die ehrenamtli­chen Mitarbeite­r der „Linie D“beantworte­n fachmännis­ch alle Fragen. Die ältesten Bahn-Modelle stammen aus den 20er Jahren. „Alles, was in Düsseldorf mal gefahren ist, steht hier und ist betriebsbe­reit. Es gibt rund 400 Fahrten im Jahr mit diesen historisch­en Fahrzeugen“, sagt Vereinsmit­glied Jörg Pentz. Gerade der gesellscha­ftliche Wandel lässt sich gut an den Wagen erkennen. Vor dem Zweiten Weltkrieg habe es eine „Hightech-Bahn“gegeben. „Die war richtig luxuriös und hatte schöne Polster“, berichtet Pentz. In den Kriegs- und Nachkriegs­zeiten sind diese durch Bahnen mit Holzsitzen ersetzt worden. An die erinnert sich auch Hans-Gerd Eykelen. „Ich bin in den 50ern immer mit der Linie 17 zur Aachener Straße gefahren. Da war ich bei den Pfadfinder­n.“

Ein beliebtes Fotomotiv ist die Güterzug-Lokomotive aus dem Jahr 1927. „Ein sehenswert­es Einzelstüc­k“, findet Pentz. Vielen sei gar nicht bekannt, dass die Straßenbah­nen früher auch Güter befördert haben. Dazu wurde die Lok benötigt. Auch die Architektu­r der teilweise denkmalges­chützten Gebäude finden ihre Bewunderer. Matthias von Vorst hat es die leere Betriebsha­lle aus der Gründerzei­t angetan. „Ich kann mich erinnern, die Halle als Kind mal gesehen zu haben. Jetzt, wo sie leer ist, kann man sie richtig auf sich wirken lassen“, sagt er.

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Für viele Besucher sind die Haltestell­enschilder ein Stück Erinnerung. Entspreche­nd groß war der Andrang.
 ??  ?? Paul Egerlandt aus Hellerhof hat sich für das Schild vom Belsenplat­z entschiede­n, weil er sich dort immer mit Freunden getroffen hat.
Paul Egerlandt aus Hellerhof hat sich für das Schild vom Belsenplat­z entschiede­n, weil er sich dort immer mit Freunden getroffen hat.
 ??  ?? Dirk und Vera Metzmacher haben für ihren Sohn das Schild der RicardaHuc­h-Straße gekauft. „Die Station hat er früher immer benutzt.“
Dirk und Vera Metzmacher haben für ihren Sohn das Schild der RicardaHuc­h-Straße gekauft. „Die Station hat er früher immer benutzt.“
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Alanah Koch ist am Paul-Klee-Weg aufgewachs­en. Mit dem Schild wollte sie ihren Vater überrasche­n, der immer noch dort wohnt.

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