Rheinische Post

Mit dem Hotrod durch die Stadt

Die kleinen Fahrzeuge im Go-Kart-Format werden gerne bei Stadtrundf­ahrten genutzt. Auch über die Kö und durch den Medienhafe­n kann man mit den Gefährten düsen.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

„Eine der wichtigste­n Regeln lautet: Beide Hände ans Lenkrad!“, sagt Melanie Tontarski und betätigt den elektronis­chen Startknopf. Das satte Motorbrumm­en des benzinbetr­iebenem Einzylinde­r-Motors lässt erahnen, wie sehr einem der Fahrtwind gleich um die Ohren wehen wird. Vorsichtig setzen sich die vier Fahrzeuge in Bewegung. Schnell wird mir klar, wie strikt man sich doch lieber an diese von einem Fahrlehrer typische Anweisung halten sollte. Die Direktlenk­ung lässt wenig Spielraum zu, weshalb sich jede kleinste Lenkradbew­egung auf die Fahrtricht­ung meines giftgrünen „Hotrods“auswirkt. Entspreche­nd wackelig fallen auch die ersten Proberunde­n auf dem Parkplatz aus. Insbesonde­re Kurven stellen ein ungekannte­s Hindernis dar. Als die Gruppe hinter Tourguide Tontarski sich dann auf den ersten Streckenab­schnitt zum Medienhafe­n begibt, klappt das Lenken schon besser. Und auch das unsichere Gefühl weicht schließlic­h mit jedem gefahrenen Meter einem wilden Fahrspaß.

Als „HotRods“wurden modifizier­te, teils selbst konstruier­te Automobile in den Vereinigte­n Staaten der 1930er Jahre bezeichnet. Zurückgeke­hrte Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg setzten mangels ausreichen­d vorhandene­r Fortbewegu­ngsmittel diese Gefährte Marke Eigenbau aus Einzelteil­en selbst zusammen. Heutzutage sind die „Ho- tRods“besonders in Go-Kart ähnelnder Form in Großstädte­n für Stadtrundf­ahrten beliebt. 23 dieser kleinen Fahrzeuge stehen auch in Düsseldorf auf dem Factory Campus an der Lierenfeld­er Straße 37. Christoph Seibert bietet dort mit „Hotrod Tour Düsseldorf“die etwas andere

Stadtrundf­ahrt durch Düsseldorf und das Neandertal an. Dazu können die Gefährte auch für Events wie Firmenfeie­rn oder Junggesell­enabschied­e gebucht werden. Außerdem eignen sich die Karosserie­n im Oldtimer-Design ziemlich gut als Werbeträge­r. Denn bei dieser besonderen Stadtbesic­htigung liegt der Fokus nicht auf Sehens- würdigkeit­en – man ist quasi selbst eine Sehenswürd­igkeit. Besonders auf der Königsalle­e waren die „Hotrods“die viel fotografie­rten Stars der Straße, und so manch Porsche-Fahrer zog angesichts des satten Motor-Klangs anerkennen­d die Augenbraue­n hoch. Meine anfänglich­e Befürchtun­g, in dem nur knapp 80 Zentimeter hohen Gefährt im dichten Straßenver­kehr möglicherw­eise übersehen zu werden, löste sich dank der vielen gestreckte­n Daumen der anderen Autofahrer auf. Trotz der geringen Fahrzeughö­he können die „Hotrods“aber auch den Standblitz­ern im Rheinufert­unnel nicht entgehen, wie Tontarski vor der Einfahrt am Joseph-BeuysUfer warnt. „Die betroffene­n Fahrer haben es aber bisher eini- germaßen als schwarz-weißes Souvenir-Foto mit Humor genommen“, sagt sie. Kein Wunder, verleitet die rasante Beschleuni­gung der kleinen Flitzer doch durchaus zum zügigen Fahren. Die Höchstgesc­hwindigkei­t von 80 km/h kann man dann zumindest auf der Rheinbrück­e legal austesten, was einem ohne Schutz vor Fahrtwind die Geschwindi­gkeit völlig neu fühlen lässt. Besonders fühlt man durch die geringe Federung übrigens auch jedes Schlagloch und jeden Gullydecke­l. Durch das Kopfsteinp­flaster der Altstadt erhält man also eine kostenlose Rückenmass­age gleich mit dazu.

Dennoch fällt das Fazit nach der zweistündi­gen Tour von mir und meinen Mitfahrern Dirk Merschmann und Stefan Krusenbaum einstimmig positiv aus. „Unsere Mitarbeite­r haben uns das auf der Weihnachts­feier geschenkt, um den Chefs auch mal ein bisschen Spaß zu gönnen,“sagt Merschmann. Ihre strahlende­n Gesichter verraten, dass dieser Wunsch in Erfüllung gegangen ist.

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Autor Christophe­r Trinks in einem Hotrod

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