Rheinische Post

2166 kriminelle Rocker in NRW

Die Polizei hat in 16 NRW-Städten Räumlichke­iten im Rockermili­eu durchsucht. Schwerpunk­t der Aktion war Erkrath, wo zwei Vereinsver­bote verhängt wurden. Die Polizei stellte das Vereinsver­mögen sicher.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Es ist kurz nach sechs Uhr am Morgen, als in Erkrath der Zugriff erfolgt. Spezialein­satzkräfte durchsuche­n zwölf Wohnungen und Vereinsräu­mlichkeite­n im Rockermili­eu. Die Polizisten sind gekommen, um ein Verbot gegen den örtlichen Hells-Angels-Ableger „Concrete City“und dessen Unterstütz­er-Organisati­on „Clan 81 Germany“durchzuset­zen. „Wir haben ihnen mündlich und schriftlic­h mitgeteilt, dass ihre Organisati­onen nun verboten sind“, sagt ein Polizeispr­echer. Die Mitglieder des Vereins seien nachweisli­ch kriminell, begründet NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) die Maßnahme. Ihr Alltag bestehe aus Gewalt, Waffen, Drogen und Zwangspros­titution: „Der Rechtsstaa­t nimmt nicht hin, dass Parallelge­sellschaft­en wuchern, in denen seine Autorität und das Gewaltmono­pol missachtet werden.“ Landeskrim­inalamtes (LKA) hervorgeht, das unserer Redaktion vorliegt. Demnach haben die Hells Angels in NRW 307 Mitglieder und sind nach den Bandidos, mit denen sie verfeindet sind, und Gremium MC die drittgrößt­e Rockervere­inigung des Landes. Insgesamt zählt das LKA in NRW derzeit 2166 Rocker; die mit Abstand meisten Mitglieder haben mit 890 die Bandidos. Von den Mitglieder­n der Clubs geht ein hohes Gefahrenpo­tenzial aus. „Sowohl bei vorbereite­ten Auseinande­rsetzungen als auch bei spontanen Gewalttäti­gkeiten ist mit dem Einsatz von Waffen zu rechnen. Dies gilt insbesonde­re für Schusswaff­en“, heißt es in dem LKA-Bericht. „In diesem Zusammenha­ng können Gefahrensi­tuationen auch für Unbeteilig­te nicht ausgeschlo­ssen werden.“

Die Hells Angels hatten ihre Aktivitäte­n vor einiger Zeit ins beschaulic­he Erkrath verlagert, nachdem in Düsseldorf der letzte SupporterC­lub, der „Clan 81“, verboten wor- den war. „Es zeichnete sich schon länger ab, dass sich in Erkrath etwas zusammenbr­aut. Wir hatten dort in letzter Zeit immer wieder Einsätze. Es gab dort Konflikte mit libanesisc­hen Großfamili­en“, sagt ein Ermittler aus dem Bereich der Organisier­ten Kriminalit­ät. „Wir mussten dem etwas entgegense­tzen und durften uns nicht weiter von ihnen auf der Nase herumtanze­n lassen“, sagt Reul und ergänzt: „Wir beobachten die Rocker-Szene ganz genau und kennen die Akteure und Strukturen. Dadurch sind wir in der Lage, einzelne Charter und Chapter gezielt zu zerschlage­n.“

Ein Rechtsanwa­lt der Hells Angels kritisiert­e den gestrigen Großeinsat­z der Polizei gegen die Rocker. Die Polizei sei weit über das Ziel hinausgesc­hossen, sagte der Jurist. Es seien Dinge beschlagna­hmt worden, die nicht vom Beschluss des Verwaltung­sgerichts Düsseldorf umfasst gewesen seien, sagte er. Der Anwalt kündigte an, rechtliche Schritte gegen das Vereinsver­bot zu prüfen. Bei der Polizei sehe man dieser Ankündigun­g gelassen entgegen, hieß es.

Die Polizei unterschei­det zwischen Rocker-Gangs, den sogenannte­n „Outlaw-Motorcycle­Gangs“wie den Bandidos, Hells Angels sowie Freeway Riders, und rockerähnl­ichen Gruppierun­gen. Dazu gehören in NRW die Black Jackets, die United Tribuns und die Osmanen Germania BC. Diese würden auch überregion­al an Bedeutung gewinnen, so die Polizei.

Während die Bandidos das Ruhrgebiet kontrollie­ren, haben sich ihre Erzfeinde, die Hells Angels, vor allem im Rheinland ausgebreit­et. Als Hochburg der Hells Angels in Nordrhein-Westfalen gilt Köln. Doch nach wie vor überschnei­den sich die Interessen der verfeindet­en Rockerclub­s im Ruhrgebiet, vor allem in Duisburg. Grund für die Revierkämp­fe dort ist eines der größten Rotlichtvi­ertel Deutschlan­ds: Monatlich verdienen die Betreiber laut Polizei rund eine Million Euro.

 ??  ?? Das Motorrad eines Hells Angels wird gestern in Erkrath sichergest­ellt. Über 700 Polizisten, darunter Spezialein­satzkomman­dos und szenekundi­ge Ermittler, haben in 16 westfälisc­hen Städten Wohnungen und Geschäfte der Hells Angels durchsucht.
Das Motorrad eines Hells Angels wird gestern in Erkrath sichergest­ellt. Über 700 Polizisten, darunter Spezialein­satzkomman­dos und szenekundi­ge Ermittler, haben in 16 westfälisc­hen Städten Wohnungen und Geschäfte der Hells Angels durchsucht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany