Rheinische Post

Neusser Jugendamt auf Prüfstand

Nach dem Tod eines misshandel­ten Jungen werden Behördenab­läufe analysiert.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Ein externes Institut wird im Auftrag der Stadt Neuss die Abläufe im Jugendamt überprüfen. Mit dieser Maßnahme reagiert Bürgermeis­ter Reiner Breuer (SPD) auf das Drama um den elfjährige­n Jungen aus dem Ortsteil Weckhoven, der am Dienstagna­chmittag seinen schweren Misshandlu­ngen erlag. Über die Prüfung in diesem Einzelfall hinaus soll so die Wirksamkei­t städtische­r Jugendschu­tz-Maßnahmen geklärt werden.

Auf einer Stadtteilk­onferenz der in Weckhoven agierenden Vereine und Verbände hatten am Dienstagab­end namentlich Vertreter der Kindergärt­en eine zu hohe Fluktuatio­n im Jugendamt bemängelt. Sie wünschten sich dort „gestandene Mitarbeite­r“, die sie auch in ihrem Bemühen unterstütz­en, Kontakt zu problemati­scheren Familien herzustell­en. Familien, die von Institutio­nen schwer zu erreichen sind und sich oft aber auch nicht helfen las- sen wollten, wie der Vertreter eines Kindergart­enträgers ergänzte.

Diesem Hinweis sei er unmittelba­r nachgegang­en, sagt Breuer, doch war die erste Rückmeldun­g aus dem Fachamt eine andere. Aber auch dieser Punkt werde nun analysiert. „Unser Ziel sind klare Ansprechpa­rtner“, sagt Breuer.

Wenn über Abläufe zu sprechen ist, dann muss auch die Lücke un- tersucht werden, die zwischen den Jugendämte­rn der Städte Kaarst und Neuss entstanden war. Der Junge hatte seit der Trennung seiner Eltern vor vier Jahren bei der Oma in Kaarst gelebt und war mit dieser – nach einem Krankenhau­saufenthal­t der Großmutter – vor zehn Wochen zu einem Onkel nach Neuss gezogen, ohne dass die Behörden davon Kenntnis hatten. Denn gemeldet war das Kind noch in Kaarst.

So aber kam der Realschüle­r in die Obhut seines 41-jährigen Onkels, der wegen Körperverl­etzung vorbestraf­t ist. Dieser Mann ist dringend tatverdäch­tig, hat die quälenden Misshandlu­ngen auch gestanden und sitzt in Untersuchu­ngshaft.

Schon vor dieser Tat war beschlosse­n worden, in Neuss kommunale Prävention­sketten („Kein Kind zurücklass­en“) aufzubauen. Damit soll nun modellhaft in Weckhoven begonnen werden. Zudem wurde die Arbeit der Streetwork­er intensivie­rt und dafür eine Sozialarbe­iterin für Weckhoven eingestell­t.

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Gedenken an den misshandel­ten Elfjährige­n in Neuss.

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