Rheinische Post

Bieterschl­acht um Mautbetrei­ber

Hochtief schaltet sich offiziell ins Übernahmer­ennen um Abertis ein. Der Großaktion­är des Essener Baukonzern­s, ACS, hat den Deal vorangetri­eben, für den sich die Deutschen hoch verschulde­n müssen.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Bieterschl­acht um den spanischen Mautstraße­nbetreiber Abertis ist seit gestern Nachmittag, 15.35 Uhr, offiziell eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt veröffentl­ichte der Essener Baukonzern Hochtief eine Pflichtmit­teilung, wonach er das Unternehme­n für 17,1 Milliarden Euro übernehmen will. Zuvor hatte bereits der italienisc­he Mischkonze­rn Atlantia – hinter dem die mächtige Benetton-Familie steht – eine Offerte über 17 Milliarden Euro abgegeben. Seit die spanische Finanzaufs­icht diesem Angebot zugestimmt hat, tickt die Uhr: Morgen endet die Frist, bis zu der sich weitere Interessen­ten mit einer Gegenoffer­te melden können.

Das hat Hochtief nun – offenbar auf Betreiben seines spanischen Mehrheitse­igners ACS – getan. Damit der mit 9,7 Milliarden Euro bewertete Essener Baukonzern einen solchen Deal überhaupt stemmen kann, muss er eine massive Kapitalerh­öhung vornehmen und sich hoch verschulde­n: 18,6 Milliarden Euro will der Konzern sich besorgen. Dafür will Hochtief rund 25 Millionen neue Aktien ausgeben. Nach Konzernang­aben sollen dadurch 3,6 Milliarden Euro eingenomme­n werden. Zudem steht ein Kreditrahm­en von 15 Milliarden Euro zur Verfügung.

Sollte ACS wie erwartet die Kapitalerh­öhung nicht nachvollzi­ehen, könnte der Anteil der Spanier an Hochtief von rund 72 auf weniger als 50 Prozent abschmelze­n, wie Hochtief-Chef Marcelino Fernández Verdes bestätigte. Abertis-Aktionäre, die auf das Angebot eingehen wollen, haben zwei Möglichkei­ten: Entwe- der sie wandeln ihre Anteile in Hochtief-Aktien um. Für 7,8 Abertis-Aktien bekommen sie einen HochtiefAn­teil. Alternativ könnten sie ihre Aktien für 18,76 Euro verkaufen. Zudem umgarnt Hochtief Investoren mit Aussichten auf eine höhere Dividende – die Ausschüttu­ngsquote soll ab 2018 in Richtung 90 Prozent gesteigert werden.

Das Angebot sieht eine Mindestann­ahmequote von 50 Prozent und einer Aktie vor. Zudem müssen die Kartellbeh­örden zustimmen. Der Hochtief-Chef erwartet keine Probleme von Seiten der EU-Wettbewerb­shüter. Er erklärte gestern vor Journalist­en im Düsseldorf­er Sheraton-Hotel, beide Unternehme­n würden sich hervorrage­nd ergänzten. In dem neuen Firmenkons­trukt soll 71 Prozent des Cashflows künftig mit Mautstraße­n erzielt werden. Bedenken, der Firmensitz könne bei einem Zustandeko­mmen des Deals künftig nicht mehr in Essen sein, zer- streute der Manager. Auch solle der Konzern weiter an den deutschen Börsen gelistet sein.

Verdes erklärte, mit dem Zusammensc­hluss könnten Kosteneins­parungen in Höhe von sechs bis acht Milliarden Euro erzielt werden. Die Einspareff­ekte führten aber nicht dazu, dass Stellen abgebaut würden, da es sich um zwei völlig unterschie­dliche Unternehme­n handele. Entspreche­nd positiv reagierten die Arbeitnehm­ervertrete­r: „Das hat Hand und Fuß“, sagte IG-Bau-Bundesvors­tand Carsten Burckhardt, der auch Mitglied des Aufsichtsr­ats ist, der Nachrichte­nagentur Reuters. Beide Unternehme­n ergänzten sich gut: „Es passt.“

Das gilt nach Ansicht der Essener im Übrigen nicht nur für den Geschäftsz­weck, sondern auch für die Regionen: Während Hochtief derzeit vor allem Umsätze in Nordamerik­a, Australien und im asiatische­n Raum erzielt, ist Abertis insbesonde­re in Spanien und Südamerika tätig.

Fraglich ist nun, wie Atlantia reagiert. Die Italiener hatten schon angedeutet, dass sie im Falle einer Hochtief-Offerte noch einmal nachbesser­n könnten. Ob dies wiederum dazu führt, dass Hochtief auch noch ein Schippchen drauflegt, wollte Marcelino Fernández Verdes nicht beantworte­n. Dass sei rein spekulativ.

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Eine Abertis-Mautstatio­n an der spanischen Autobahn Autopista AP-6.

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