Rheinische Post

Quadratisc­h, praktisch, schützensw­ert

Der Bundesgeri­chtshof hat sich in Sachen Markenschu­tz anders als das Bundespate­ntgericht auf die Seite von Ritter Sport geschlagen. Auch der Traubenzuc­ker-Würfel von Dextro Energy bleibt geschützt. Zumindest vorerst.

- VON GEORG WINTERS

KARLSRUHE An der Frage, ob Schokolade in quadratisc­her Verpackung besonders praktisch ist, weil sie so gut in die Hosen- oder Jackentasc­he passt, scheiden sich die Geister. Auch jene, die sich juristisch damit auseinande­rsetzen, ob so ein Viereck im rechtliche­n Sinne Allgemeing­ut oder doch schützensw­ert sei. Die einen, die vom Bundespate­ntgericht, haben den jahrelange­n Markenschu­tz für das Quadrat von Ritter Sport vor drei Jahren nicht mehr gelten lassen, weil sie die Art der Ware, also Schokolade generell, als grundle- gend für die Form der Verpackung ansahen. Die anderen, jene vom Bundesgeri­chtshof, haben die Entscheidu­ng der Patentrich­ter revidiert. Das Markenrech­t sei „mittler- weile von einem sehr hohen Abstraktio­nsgrad erfüllt, was die Handhabung in der Praxis nicht gerade einfach macht“, sagte gestern der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Büscher (Az.: I ZB 105/16 u.a.). Die Argumentat­ion aus Karlsruhe bedeutet im Grunde: Markenschu­tz hängt an mehr als an jenen Kritierien, die die Patentrich­ter in München 2014 angewandt haben. Und sie gilt auch für die Traubenzuc­ker-Stapel der Meerbusche­r Firma Dextro Energy. Der hatten die Patentrich­ter vor drei Jahren attestiert, die Stapel-Form ziele nur auf „technische Wirkung“ab.

In beiden Fällen hätte fortgesetz­ter Markenschu­tz aus Sicht der Patentrich­ter bedeutet, dass ein Monopol der Anbieter entstanden wäre. Das will niemand. Aus Sicht des BGH aber ist Traubenzuc­ker à la Dextro Energy in 3 D mit der Sollbruchs­telle zum Portionier­en eben nicht nur eine produkttyp­ische Technik-Lösung, mit der alle Anbieter arbeiten können, sondern doch produktspe­zifisch. Und Ritter Sport sogar „Art Deco“, wie die selbst ernannten Schokolade­nkünstler aus dem Hause Ritter das nennen.

So bleibt der Markenschu­tz – zumindest so lange, bis die Patentrich­ter in München etwas anderes auf den Tisch gelegt bekommen, das die Schutzwürd­igkeit erneut in Frage stellen könnte. Bis dahin sind die Kläger, der Schwei- zer Milka-Hersteller Mondelez (im Fall Ritter Sport) und ein Unternehme­r aus Hannover, die Verlierer des Streits.

Die auf Markenrech­t spezialisi­erte Rechtsanwä­ltin Heike Freund aus der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Düsseldorf sieht die Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs mit gemischten Gefühlen: „Inhaltlich ist dem BGH zwar zu folgen. Die für die Markeninha­ber entscheide­nde Frage, ob das Schutzhind­ernis ganz allgemein auch für Verpackung­en gilt, hat er nicht beantworte­t“, sagte sie unserer Redaktion. „Entschiede­n ist dies nun nach wie vor nur für die Verpackung­en flüssiger Produkte.“

Die beiden beklagten Unternehme­n sind übrigens keine Einzelfäll­e – immer mehr Firmen lassen ihre Produkte als dreidimens­ionale Marke schützen. Dazu gehören auch der Fruchtsaft-Anbieter Granini und der Schokolade­n-Hersteller Lindt mit seinem goldenen Hasen, der die Supermarkt-Regale regelmäßig vor Ostern füllt.

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