Kalenderblatt 19. Oktober 1957 BRD wendet Hallstein-Doktrin zum ersten Mal an
Anderthalb Jahrzehnte lang beeinflusste die so genannte Hallstein-Doktrin die Außenpolitik der BRD. Die Richtlinie, benannt nach dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Walter Hallstein (Foto), sollte nach dem Besuch Konrad Adenauers in Moskau den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik unterstreichen. Wie Adenauer in einer Regierungserklärung 1955 ausführte, begehe jeder Staat, der die DDR anerkenne oder diplomatische Beziehungen zu dem zweiten deutschen Staat aufnehme, einen „unfreundlichen Akt“gegenüber der BRD. Die Sowjetunion, die seit der Moskaureise Adenauers mit beiden deutschen Staaten Beziehungen pflegte, war von der Doktrin als eine der vier Siegermächte explizit ausgenommen. Zum ersten Mal konkret angewendet wurde die HallsteinDoktrin am 19. Oktober 1957. Wenige Tage zuvor hatte Jugoslawien die DDR anerkannt. Die BRD zog unverzüglich ihren Botschafter ab. Nur ein weiteres Mal wurde die Richtlinie erneut in dieser Konsequenz genutzt: beim Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum sozialistischen Kuba 1963. Bis Ende der 1960er Jahre gelang es der BRD durch die Hallstein-Doktrin, die Anerkennung der DDR vielfach zu verhindern. Die Richtlinie schränkte aber mehr und mehr die eigene Außenpolitik ein. Gegen Ende der 1960er Jahre verlor sie an Bedeutung und wurde schließlich mit der neuen Ostpolitik unter Willy Brandt obsolet.