Bush und Obama kritisieren Trump
Der ruppige Ton des Präsidenten in einem Beileidsanruf bei der Witwe eines getöteten Soldaten sorgt für Streit. Und die politische Verantwortung für den betreffenden Militäreinsatz ist auch nicht geklärt.
WASHINGTON (rtr) Der ehemalige US-Präsident George W. Bush hat sich gegen Mobbing und Vorurteile in der Politik ausgesprochen und damit US-Präsident Donald Trump indirekt kritisiert. Durch derartige Äußerungen werde der Weg freigemacht für Gewalt und Fanatismus, sagte der Republikaner Bush. Trumps Vorgänger Barack Obama rief bei einem Wahlkampfauftritt in New Jersey die Wähler dazu auf, sich gegen die „Politik der Spaltung“zu wehren.
Es ist kein schönes Kompliment für einen Politiker, dass er erst nach seiner Amtszeit seine beste Rede gehalten hat. Im Fall des früheren US-Präsidenten George W. Bush könnte dies aber so gewesen sein, und in diesem Fall gilt zweifellos: besser spät als nie. Bushs eindrucksvolle Rede in New York war mit ihrer Generalkritik am Zustand des politischen Diskurses eine Abrechnung mit Donald Trump. Bush sprach von Mobbing, Lügen und Vorurteilen, die den Tonfall im Land dominierten, und er machte klar, dass nicht die Bürger dafür verantwortlich sind, sondern jene, die Demokratien schützen sollten. Etwa der Präsident. Dass kurz danach auch Barack Obama in diese Kerbe schlug, zeigt, dass die beiden sich absprechen und die Sorge parteiübergreifend groß ist, dass der wütende Mann im Weißen Haus das Land weiter spaltet.
Die Rede von George W. Bush war ein Weckruf an die Republikaner, sich zu emanzipieren von ihrem Präsidenten. Donald Trump ist gewählter Staatschef, keine Frage. Aber wer sagt denn, dass US-Kongressmitglieder den hasserfüllten Duktus, die unsäglichen Halbwahrheiten und das stümperhafte Gesetzeswerk abnicken müssen, nur weil sie Republikaner sind? Der Aufstand gegen Trump hat begonnen.
WASHINGTON Dass die „Boys in Uniform“auch im Niger im Einsatz sind, dürfte der amerikanischen Öffentlichkeit noch vor Kurzem ungefähr so bekannt gewesen sein wie die Tatsache, dass Nowosibirsk am Ob liegt. Sie kam also völlig überraschend, die Nachricht, dass vier Elitesoldaten der Special Forces am 4. Oktober im Grenzgebiet zwischen Niger und Mali getötet wurden. Inzwischen hat sich daran heftiger Streit entzündet, wobei es weniger um die Gefallenen geht und mehr um die Frage, ob Präsident Donald Trump zu Empathie überhaupt in der Lage ist.
Die Umstände, unter denen die vier in der Wüste Sahara ums Leben kamen, sind nicht restlos geklärt. Offenbar geriet ihre Patrouille in einen Hinterhalt islamistischer Extremisten; das Pentagon will die Hintergründe untersuchen, der Rest ist einstweilen das, was man den Nebel des Krieges nennt. Eine Fülle von Spekulationen, Halbwahrheiten, Propaganda. Einer der vier, der Sergeant La David Johnson, ein Afroamerikaner, soll zum Schluss ganz auf sich allein gestellt gewesen sein. Es soll 48 Stunden gedauert haben, bis Soldaten aus Nigeria seine Leiche fanden.
Und Trump? Vor allem dreht sich die Kontroverse darum, ob er herzlos klang, als er Johnsons Witwe Myeshia sein Beileid aussprach. Ob der Commander-in-Chief, der es während des Vietnamkriegs verstand, mithilfe ärztlicher Atteste der Einberufung zu entgehen, aufrichtig kondolierte. Oder ob er das Telefonat eher als lästige Pflichtübung empfand. Jedenfalls rief er Myeshia Johnson erst an, als Journalisten zu Wochenbeginn fragten, warum er zwölf Tage nach der Attacke im Niger noch immer kein Wort darüber verliere. Sie habe Trumps Ton als respektlos empfunden, beschwerte sich kurz darauf Frederica Wilson, eine Kongressabgeordnete aus Florida, die mit der Witwe im Auto saß, als der Präsident zum Hörer griff. Er habe La David kein einziges Mal beim Namen genannt, sondern immer nur von „your guy“(„Ihrem Burschen“) gesprochen. Und gesagt, der Sergeant habe „gewusst, worauf er sich einließ, aber ich nehme an, es tut immer noch weh“.
Trump reagierte, wie er oft reagiert, wenn er unter Druck gerät. Er ging in die Offensive. Die Abgeordnete, polterte er via Twitter, habe das alles erfunden. Außerdem habe auch sein Vorgänger Barack Obama, wie die meisten US-Präsidenten, mit den Hinterbliebenen von Gefallenen nicht telefoniert. Man möge John Kelly zu Obama befragen, zog Trump seinen Vorgänger voller Angriffslust in den Streit hinein.
Kelly, einst General der Marineinfanterie, hat 2010 einen Sohn in Afghanistan verloren. Es stimme, sagte er, Obama habe sich damals tatsächlich nicht gemeldet. Das nehme er ihm jedoch nicht übel. Es sei bedauernswert, fügte Kelly hinzu, dass man heutzutage versuche, selbst aus einem Soldatentod politisches Kapital zu schlagen.
So emotional der Auftritt des ExGenerals war, die Kritik an seinem Vorgesetzten ist damit nicht verstummt. John McCain, einst Kriegsgefangener in Vietnam, will genau wissen, was sich am 4. Oktober im Niger zutrug. Notfalls, kündigt der altgediente Senator an, werde er das Weiße Haus zur Herausgabe sämtlicher relevanter Unterlagen zwingen. Der Fall, so viel scheint sicher, wird noch Kreise ziehen.