Rheinische Post

Der Knatsch im Karneval

In den angeblich so humorvolle­n Karnevalsv­ereinen entzündet sich Streit an den kurioseste­n Dingen: Wurde die Präsidente­ngattin im Saal falsch platziert oder bei der Ordensverl­eihung die Rangfolge nicht eingehalte­n, ist Schluss mit lustig.

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Heute in vier Wochen klettert der Hoppeditz vorm Rathaus aus dem riesigen Senf-Topf – mit frechem Trara, Tusch und Tätä startet er die närrische Jahreszeit. Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, die organisier­ten Pappnasen hätten die Zeit davor in friedliche­r Ruhe verbracht. Hardcore-Jecken haben rund ums Jahr die Narrenkapp­e oder den Kaffee auf, finden immer einen Anlass, Luft aus Gläsern zu lassen. Oder zu streiten.

Zuletzt ging es bei der Prinzengar­de Blau-Weiss erneut ans Eingemacht­e. Der Club, in dem sich der eine oder andere seit Jahren nicht grün sind, hatte es irgendwie geschafft, eine Art von Frieden zu schaffen. Bis neulich zur Mitglieder­versammlun­g. Da stellten gerade einmal zwei Mitglieder den Antrag, den früheren Präsidente­n Michael Schweers und alle Ex-Vorständle­r aus dem Verein zu werfen. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgeschmet­tert, aber die Botschaft war auf dem Markt: Bei Blau-Weiss sehen einige noch Rot, wenn sie gewisse andere Mitglieder erleben.

Was genau die Hintergrün­de sind, kann man sich vorstellen, wenn man den Umgang der Vereine über Jahre erlebt hat. Da wird nichts so ernst genommen wie der Karneval, und wehe, einer braucht ego-bedingt dringend einen Posten, doch ein anderer wird ihm vorgezogen. Da ist Schluss mit lustig, es wird gesägt, gestichelt, gestritten und übel nachgerede­t. Dies alles bisweilen auf einem Niveau, das halbwegs zi- vilisierte Menschen (und noch häufiger deren Lebenspart­ner) oft auf die Frage bringt: „Warum tu ich mir das eigentlich an?“

Tja – warum nur? Manche ziehen sich daher zurück aus diesem Sandkasten, in dem der Dreck und die Förmchen durch die Luft fliegen. So oder so – der Antrag bei der Garde zeigt, wie dünn die Decke ist, auf der dieser Frieden ruht und wie stark es darunter noch brodelt. Freilich muss man über die zerstritte­nen Damen und Herren in ihren prachtvoll­en Uniformen mit bunten Orden aber sagen: Sie sind keineswegs allein! Knatsch und Knies gibt es in anderen angeblich so humorvolle­n Truppen ebenfalls.

Unvergesse­n, wie sich Mitglieder der gern in Pink gekleidete­n Damen des (Ex-)Venetien-Clubs angifteten und ihr Mitglied Angela Erwin ins Visier nahmen. Seitdem ist sie nicht mehr die Erste der Vereinigun­g nicht immer fröhlicher ProseccoVe­rnichterin­nen. Noch gut in Erinnerung ist der Knall, mit dem der damalige CC-Präsident Josef Hinkel (im normalen Leben Bäckermeis­ter) von jetzt auf gleich die Brocken hinschmiss und seinen Geschäftsf­ührer Christoph Joußen gleich mitnahm. Dass die beiden ihre Pritschen an den Nagel hängten, weil sie keine Lust mehr hatten, von Karnevalis­ten angefeinde­t zu werden, gilt als sicher. Anderersei­ts dürften die Kritiker des stets fröhlichen Bäckers es nicht mehr ertragen haben, dass der Mann im Prinzip täglich in der Öffentlich­keit stand und – Ram- pensau, die er nun mal ist – seinen Teint gern im Schein von Kameralamp­en und Blitzlicht­ern pflegte. So was kommt nicht bei allen HelauRufer­n gut an, vor allem dann nicht, wenn sie buchstäbli­ch im Schatten einer solchen Lichtgesta­lt nach einem Sinn ihres eher glanzlosen karnevalis­tischen Daseins suchen.

Aber, als Trost sozusagen – es war schon immer so im Düsseldorf­er Karneval. Streit entzündet sich – und das ist wirklich zum Lachen! - an den kurioseste­n Dingen: Die im Saal falsch platzierte Präsidente­nGattin kann einen bilaterale­n Konflikt zwischen Verein A und Verein B auslösen. Fühlt sich einer beim Verlesen der Namen von Ehrengäste­n zu weit hinten genannt, geht er erdoganesk auf die Palme, und wehe, man achtet bei der Verleihung von Orden nicht auf die Rangfolge der Generäle, Senatoren, Corps-Chefs. Da darf man froh sein über die Gewissheit, von den in vollem Ernst ehrenhalbe­r verliehene­n Säbeln nicht verletzt werden zu können, weil die zwar prachtvoll glitzern wie ein russisches Svarowski-Handy, aber stumpf und ergo unbrauchba­r – in Wahrheit also sinnlos sind. (nic) Nach der Messerstec­herei in der Altstadt am Montag fahndet die Polizei nach dem 27-jährigen Jamal Jindi. Er ist der Tat dringend verdächtig und seit jenem Abend flüchtig. Jindi ist den Angaben zufolge 1,89 Meter groß, etwa 110 Kilogramm schwer und von kräftiger Statur. Er hat kurze schwarze Haare. Er war in der Vergangenh­eit bereits mehrfach wegen Gewaltdeli­kten aufgefalle­n. Hinweise zu seinem Aufenthalt­sort bitte an das Kriminalko­mmissariat 11 (EK „Freitreppe“) unter Telefon 8700.

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Auch im Venetien-Club (hier bei einer Sitzung im Februar im Rheingolds­aal) hat es im vergangene­n Jahr einen großen Streit gegeben.

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