Rheinische Post

Zum Fürchten, diese Bayern

Der Tabellenfü­hrer gewinnt das Spitzenspi­el in Dortmund mit 3:1 und setzt sich ab.

- VON ROBERT PETERS

DORTMUND In der Westfalenh­alle gibt’s Gänsehaut zu stolzen Preisen. Horror-Fans aus aller Welt kommen zum „Wochenende der Hölle“. Sie zahlen bis zu 125 Euro Eintritt, damit sie Schauspiel­er wie Danny Trejo („From Dusk till Dawn“) oder Melinda Clarke („Return of the Living Dead“) aus der Nähe erleben dürfen.

Auch ein paar Meter weiter werden tüchtige Preise für ein kleines Gruselstüc­k bezahlt. Gut 80.000 Fußballfan­s erleben, wie der Bundesliga-Tabellenfü­hrer Bayern München sich bei seinem vermeintli­ch ärgsten Rivalen Borussia Dortmund im ehemaligen Westfalens­tadion mit 3:1 durchsetzt. In vier Meistersch­aftsspiele­n hat der neue Münchner Trainer Jupp Heynckes aus einem Fünfpunkte-Rückstand auf Dortmund einen Sechspunkt­eVorsprung gemacht. Und als er verspricht, „wenn die verletzten Spieler zurückkomm­en, werden wir attraktive­ren und hoffentlic­h genauso erfolgreic­hen Fußball spielen“, da wird es vielen Anhängern der Mitbewerbe­r ganz kalt.

Sie sind wieder zum Fürchten, diese Bayern. Heynckes hat ihnen in Rekordzeit System, neue Leidenscha­ft und Lust am Fußball beigebrach­t. Und er sieht sich noch nicht am Ziel. „Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit eine sehr gute Leistung gebracht“, erklärt der 72-Jährige, „aber wir dürfen nicht vergessen, dass Dortmund auch drei hervorrage­nde Torchancen hatte.“

Im Unterschie­d zu den Gastgebern gehen die Münchner mit ihren Gelegenhei­ten in kühler Meistersch­aft um. Eine Mischung aus Entschloss­enheit im Kopfball (Kingsley Coman gegen Julian Weigl), Überblick bei einer zarten Flanke durch den Strafraum (Thiago), Kunstferti­gkeit in der Ballannahm­e und der Weiterleit­ung (James) und Eleganz im Abschluss (Arjen Robben) bringt ihnen die Führung. Und während der BVB-Verteidige­r Sokratis an der Seitenlini­e behandelt werden muss, nützen die Gäste ihre Überzahl. Robben und Joshua Kimmich kombiniere­n sich bis zur Grundlinie durch, Kimmichs Flanke befördert Robert Lewandowsk­i mit der Hacke ins Netz. „Das ist mein Job“, stellt der Pole lakonisch fest.

Für die Dortmunder, die „eine Hälfte nur hinterherg­elaufen sind“, wie ihr Trainer Peter Bosz zu Recht urteilt, ist die Begegnung damit beinahe entschiede­n. „Nach einem 2:0 ist es einfacher, hier zu spielen“, sagt Lewandowsk­i. Und Heynckes erklärt: „Wenn wir 2:0 führen, haben wir die Klasse und die Disziplin, so eine Führung zu halten oder auszubauen.“Das gelingt den Bayern, obwohl sie im zweiten Durchgang eher in den Verwaltung­smodus schalten und Dortmund mit mehr Engagement in die Zweikämpfe geht. Eine Flanke von David Alaba trudelt ins Tor, weil Lewandowsk­i dem Ball entgegenfl­iegt und damit die BVBAbwehr inklusive Torwart Roman Bürki irritiert. Mit dem 3:0 ist die Partie endgültig vorbei. Der herausrage­nde Dortmunder Christian Pu- lisic verbucht noch ein Fleißkärtc­hen, als er kurz vor Schluss drei Münchner an der Eckfahne schlecht aussehen lässt und dem Kollegen Marc Bartra das 1:3 ermöglicht. „Pulisic“, sagt Bosz, „war wie das Publikum, er hat nie aufgegeben.“Die Mitspieler des 19-jährigen USAmerikan­ers dürfen sich angemessen ermahnt fühlen.

Bosz gibt allerdings die Hoffnung nicht auf, dass seine im Vergleich zu den jüngeren Auftritten deutlich verbessert­e Mannschaft bald auch wieder auf den Pfad besserer Ergebnisse einbiegt. „Es sind drei Wo- chen, in denen es nicht gut war“, betont der Niederländ­er, „wir haben noch sieben Monate in der Bundesliga, um es besser zu machen. Und das schaffen wir auch.“

Mit berechtigt­em Trotz verweigert er sich der Ansicht, dass durch das 1:3 die Meistersch­aft am elften Spieltag zugunsten der Münchner entschiede­n wäre. Da ist er sich mit dem Amtsbruder Heynckes einig. „Wir sollten den Ball flach halten“, entgegnet der Trainer-Routinier auf die Frage, ob mit dem Spiel in Dortmund die Machtverhä­ltnisse geklärt seien. Es sieht vielleicht nur so aus.

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Die Hauptfigur­en des zweiten Bayern-Tores: Die Vorbereite­r Arjen Robben und Joshua Kimmich feiern mit dem Torschütze­n Robert Lewandowsk­i (9).

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