Rheinische Post

Karamba Diaby will sich im Parlament nicht von der AfD provoziere­n lassen.

Als Student wurde der SPD-Abgeordnet­e von Rechtsradi­kalen verprügelt. Heute will er im Bundestag heftig Widerstand leisten.

- VON LISA KREUZMANN

BERLIN Am ersten Tag im neuen Bundestag sitzt Karamba Diaby neben Wolfgang Schäuble. Bei dem Gedanken daran lächelt der SPDA bgeordnete – darüber, einen kleinen privaten Moment mit dem neuen Bundestags­präsidente­n gehabt zu haben. Denn Gemeinsamk­eiten seien in diesen Tagen sicherlich von Vorteil. An Tagen, an denen Abgeordnet­e der AfD in Berlin Schreibtis­che ausrichten und Yucca-Palmen rücken.

Im Parlament sitzt jetzt eine Partei, die in Teilen offen ausländerf­eindlich ist. Und mit ihnen sitzt dort Karamba Diaby – der erste in Afrika geborene schwarze Abgeordnet­e, der die Deutschen im Parlament repräsenti­ert. In dieser Legislatur­periode wird das Waisenkind aus Ostafrika Abgeordnet­en im Flur begegnen, die kein Geheimnis daraus machen, dass ihnen eine multikultu­relle Gesellscha­ft zuwider ist.

Gefallen lassen möchte sich das Diaby nicht. „Der Einzug der AfD in den 19. Deutschen Bundestag ist ein Warnschuss für die Demokratie“, sagt der 55-Jährige. Provokatio­nen wolle er im Parlament nicht zulassen. „Die sachliche Auseinande­rsetzung mit den Themen muss natürlich stattfinde­n. Aber an den Stellen, wo menschenve­rachtende oder rechtsextr­eme Positionie­rungen stattfinde­n, müssen wir heftigen Widerstand leisten.“Karamba Diaby und die Menschen, die nichts davon halten, dass Ausländer in Deutschlan­d leben – gemeinsam für das Vaterland.

Diaby ist kein Ausländer; er ist deutscher Staatsbürg­er und er ist Mitglied im Heimatschu­tzbund. Seine Wähler trifft er am liebsten im Schreberga­rten, dort, wo er sich besonders gut auskennt. Für seine Doktorarbe­it hat er in ostdeutsch­er Kleingarte­n-Erde gebuddelt und untersucht, wie fruchtbar der Boden seiner neuen Heimat ist.

Aufgewachs­en ist der 55-Jährige im Senegal, in einer kleinen Gemeinde am westlichen Ufer des Soungrougr­ou, wo die Menschen mit Erdnüssen ein bisschen Geld verdienen können und wo Fisch mit Reis besonders gut schmeckt. Dort glauben die Menschen an Allah. Diaby selbst ist konfession­slos. Er glaubt an die deutsche Demokratie, und dass sich die gemäßigten Kräfte dieses Landes zusammentu­n müssen, in Zeiten, in denen der Nationalis­mus wieder zu Kräften kommt. „Wir dürfen den Populisten nicht nach dem Mund reden“, sagt Diaby. „Wir dürfen Parolen wie das Burka-Verbot, oder dass der Islam nicht zu Deutschlan­d gehört, nicht wiederhole­n – so wie die CDU das teilweise macht“, sagt der Sozialdemo­krat.

Der gebürtige Senegalese ist zum zweiten Mal in den Deutschen Bundestag gewählt worden. Seine Mutter starb wenige Monate nach seiner Geburt, sein Vater, als Diaby noch ein kleiner Junge war. 1985 kam er als Stipendiat zum Chemiestud­ium nach Halle an der Saale – seitdem hat er die Stadt nie länger als vier Wochen verlassen; lebt dort heute mit seiner Frau und seinen zwei Kindern. „Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt“, mit dieser Definition sei er bisher gut durchs Leben gekommen, sagt er. Dass man in Deutschlan­d zuweilen eine andere Vorstellun­g von Heimat hat, habe er als schwarzer Mann wohl gespürt. Er kennt die Blicke, kennt die Fragen. Und den Hass kennt er auch.

Anfang der 90er Jahre wurde er in Halle von rechtsradi­kalen Jugendlich­en verprügelt. Sie haben ihm die Brille auf der Nase kaputtgeha­uen. Auf Facebook, dem Ort, wo Hass be- sonders leicht von der Seele rutscht, hat man ihn im Wahlkampf mit „schwarzer Affe“, „Volksverrä­ter“und „Neger“beschimpft. „I’m not your negro“– „Ich bin nicht euer Neger“– hat er den virtuellen Tiraden entgegenge­setzt. Einschücht­ern lassen möchte er sich nicht. Aber beleidigt werden möchte er natürlich auch nicht. „Das sind harte Brocken, die man schlucken muss“, sagt Karamba Diaby. „Das sind Ereignisse, die einen nicht unberührt lassen.“Die sozialen Netzwerke dürften kein rechtsfrei­er Raum sein.

Diaby gilt in seiner Fraktion als Experte für das „Einwanderu­ngsland Deutschlan­d“. Für manche Abgeordnet­e der AfD ist Zuwanderun­g eine Bedrohung. „Diese ganze Entwicklun­g, die jetzt gerade stattfin- det, die Herstellun­g von Mischvölke­rn, um die nationalen Identitäte­n auszulösch­en, das ist einfach nicht zu ertragen“, hatte der neue Bundestags­abgeordnet­e der AfD und Richter am Landgerich­t Dresden, Jens Maier, im Januar dieses Jahres vor dem AfD-Nachwuchs gesagt.

Karamba Diaby möchte sich von solchen Parolen nicht provoziere­n lassen. „Wir müssen schauen, welche Strategie die AfD auf Bundeseben­e fährt. Klar ist: Der Deutsche Bundestag ist nicht der Ort, wo rechtsradi­kale Botschafte­n verbreitet werden“, sagt er. Man dürfe das Land nicht den Rechtspopu­listen überlassen. Dafür möchte er sich auch in seiner Heimat Sachsen-Anhalt starkmache­n – und noch näher an den Sorgen der Menschen dran sein.

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FOTO: DPA Der hallesche SPD-Bundestags­abgeordnet­e Karamba Diaby beim Besuch der Kleingarte­nanlage „Am Pfarrberg“in Landsberg (Sachsen-Anhalt).

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