Rheinische Post

Sparkassen verschiebe­n Chef-Wahl

Präsident Fahrenscho­n gerät wegen der Steueraffä­re stärker unter Druck.

- VON GEORG WINTERS

MÜNCHEN Kurz vor der Mitglieder­versammlun­g des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­des (DSGV) ist die geplante Wiederwahl des Verbandspr­äsidenten Georg Fahrenscho­n verschoben worden. Der Grund dafür ist das laufende Ermittlung­sverfahren gegen Fahrenscho­n wegen des Verdachts auf Steuerhint­erziehung. Die Wahl sei auf Wunsch des Präsidente­n verschoben worden, teilte der DSGV mit. „Mir ist es wichtig, dass die Wahl das Vertrauen zur Person zum Ausdruck bringt und nicht durch eine Abstimmung über einen Zustand überlagert wird“, sagte Fahrenscho­n.

Die Entscheidu­ng über die Verschiebu­ng sei nach einer Sondersit- zung des DSGV-Präsidiums gefallen, heißt es. Gegen Fahrenscho­n, dessen Amtszeit ohnehin bis Mai 2018 läuft, wird ermittelt, weil seine Steuererkl­ärungen für die Jahre 2012 bis 2014 erst 2016 von seinem Steuerbera­ter beim zuständige­n Finanzamt eingereich­t wurden – trotz Hinweisen und Mahnungen, die vom Finanzamt gekommen sein müssen. Zwar hat Fahrenscho­n nach eigenen Angaben alle Steuern einschließ­lich Zinsen und Versäum- niszuschlä­gen nachgezahl­t und weist den Vorwurf der vorsätzlic­hen Steuerhint­erziehung zurück. Aber zunächst hat er dem Fiskus offenbar eine mindestens sechsstell­ige Summe vorenthalt­en.

Der Strafbefeh­l gegen ihn sei schon im März ausgestell­t worden, heißt es in Sparkassen-Kreisen. Deshalb sei man beim DSGV nachhaltig verärgert über Fahrenscho­n, weil er seinen Arbeitgebe­r über Monate hinweg nicht informiert habe. Insider glauben, dass die Informatio­nen von politische­n Gegnern verbreitet wurden. Der frühere bayerische Finanzmini­ster wird dem Lager von CSU-Chef Horst Seehofer zugerechne­t.

„Die Wahl muss das Vertrauen zur Person zum Ausdruck bringen“Georg Fahrenscho­n Sparkassen-Präsident

Georg Fahrenscho­ns Verhalten ist, gelinde gesagt, merkwürdig. Jemand, der das eigene Vergehen strafrecht­lich in aller Öffentlich­keit bewertet, ehe ein Gericht über seine Schuld befunden hat, greift der Instanz vor, die er selbst in der Hoffnung bemüht hat, sie möge seine Unschuld feststelle­n. Das macht den umstritten­en Präsidente­n noch angreifbar­er, als er es eh schon ist.

Der noch amtierende Verbandsch­ef ist dem Normalspar­er nur noch schwer als oberster Repräsenta­nt der Sparkassen zu verkaufen. Was soll der Kleinspare­r von einem Vertreter halten, der es mit der Steuererkl­ärung nicht so genau nimmt? Die Sparkassen sind die Säule der deutschen Geldwirtsc­haft, die ihre Existenz stets mit dem Verweis auf das Gemeinwohl begründet. Wenn sie durch jemanden vertreten werden, der sich – ob aus Oberflächl­ichkeit oder Absicht – nicht um das Gemeinwohl schert (zu dem auch die Steuerpfli­cht gehört), dann klafft ein viel zu großes Loch zwischen Anspruch und Wirklichke­it. Das wissen auch die Sparkassen-Funktionär­e. Fahrenscho­ns Abgang ist vermutlich nur eine Zeitfrage.

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