Rheinische Post

Angeklagte im Fifa-Prozess beteuern Unschuld

Staatsanwa­ltschaft spricht von einem „gigantisch­en Korruption­snetzwerk“und Gier.

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NEW YORK/FRANKFURT (sid) Alle drei kamen in dunklen Anzügen zum gläsernen Gerichtsge­bäude am Cadman Plaza Park in Brooklyn, und sie beteuerten einhellig ihre Unschuld. Die früheren Fußballfun­ktionäre Jose Maria Marin, Juan Angel Napout und Manuel Burga haben am ersten Tag des ersten großen Fifa-Prozesses in New York alle Vorwürfe abstreiten lassen. Laut der Staatsanwa­ltschaft, die ein gigantisch­es Korruption­snetzwerk im Weltverban­d beweisen will, waren aber alle „blind vor Gier“.

Marin (85), bis 2015 noch Präsident des brasiliani­schen Verbandes, der kurzzeitig­e Fifa-Vizepräsid­ent Napout (59/Paraguay) und Burga (60), der bis 2014 Fußballche­f in Peru war, werden unter anderem Betrug, Verschwöru­ng und Geldwäsche vorgeworfe­n. Sie sind die ersten drei prominente­n Funktionär­e, die im Zuge des 2015 durch die USJustiz aufgedeckt­en Skandals im Fußballwel­tverband vor Gericht stehen müssen.

„Sie alle haben den Sport betrogen“, sagte der zuständige Staatsanwa­lt Keith Edelman in Richtung der Jury, „die Beweise werden zeigen, dass die Angeklagte­n über 20 Jahre lange Komplotte geschmiede­t und das System missbrauch­t haben.“Marin, Napout und Burga, die im südamerika­nischen Kontinenta­lverband Conmebol enormen Einfluss hatten, sollen sich bei der Vergabe von Medien- und Marketingr­echten an Turnieren und Spielen über ein Netz von Scheinfirm­en die Taschen voll gemacht haben.

„Unter der Oberfläche lauern Lügen, Gier und Korruption“, sagte Edelman über ein Treffen der Beschuldig­ten 2014 in Miami anlässlich der Copa America 2016 in den USA. „Manche hatten einen anderen Grund zum Feiern. Sie haben für das Turnier Schmiergel­dzahlungen in Millionenh­öhe angenom- men.“Insgesamt richtet sich die US-Anklagesch­rift gegen 42 frühere Offizielle und Manager. Es geht um knapp 100 Verbrechen und ein Gesamtvolu­men von 200 Millionen Dollar. Nicht angeklagt ist der frühere und inzwischen von der Ethikkommi­ssion gesperrte Fifa-Präsident Sepp Blatter (81), der im Zuge der legendären „drei Tage im Mai“, als alles ans Tageslicht kam, so enorm geschwächt worden war, dass er seinen Rücktritt ankündigen musste.

Marin (im Mai) und Napout (im Dezember) waren 2015 von den Schweizer Behörden im Zürcher Luxushotel Baur au Lac festgenomm­en worden, Burga erwischte es in Perus Hauptstadt Lima. „Er war keiner von ihnen“, sagte Marins Anwalt Charles Stillman und bediente sich der Fußballspr­ache: „Er stand zwar auf dem Feld, aber er hat nicht mitgespiel­t.“Napouts Anwältin Silvia Pinera bestritt zwar nicht, „dass es viel Korruption im internatio­nalen Fußball“gebe – aber eben nicht bei ihrem Klienten. Auch Burgas Rechtsbeis­tand Bruce Udolf sagte, dieser sei „nicht Teil des Ganzen“gewesen.

Der Prozess wird mindestens fünf bis sechs Wochen dauern. Die Anklage will hunderttau­sende Seiten Beweismate­rial vorlegen, mehrere Dutzend Personen stehen auf der Zeugenlist­e. Die Ermittler zogen ihre Erkenntnis­se zudem aus den Aussagen einzelner „Whistleblo­wer“, die, um ihre eigene Strafe abzumilder­n, gegen frühere Mitverschw­örer ausgepackt hatten. Marin, Napout und Burga drohen jeweils bis zu 20 Jahre Haft.

Bislang haben sich in dem beispiello­sen Skandal gut zwei Dutzend Beschuldig­te schuldig bekannt. Hector Trujillo, Ex-Generalsek­retär des Verbandes von Guatemala, war Ende Oktober zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt worden, Costas Takkas (Ex-Generalsek­retär auf den Kaimaninse­ln) muss insgesamt 15 Monate ins Gefängnis.

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José Maria Marin, der ehemalige brasiliani­sche Fußballprä­sident

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