Rheinische Post

Ein neuer Pier für den Medienhafe­n

Düsseldorf braucht Wohnungen, Büros und will auch seine Lebensqual­ität sichern. Im Hafen sollen nun Gebäude auf Pfählen im Wasser entstehen. Dieses und andere Themen diskutiert­en Experten gestern beim Immobilien-Dialog im Rathaus.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Düsseldorf braucht Wohnungen, Büros und will seine Lebensqual­ität sichern. Im Hafen sollen Gebäude auf Pfählen im Wasser entstehen und zwei Brücken gebaut werden.

Die Baustelle für das Trivago-Hauptquart­ier ist schon heute einen Ausflug wert. Bald soll es sich noch mehr lohnen, einen Spaziergan­g im Medienhafe­n zu machen oder dort eine Runde mit dem Fahrrad zu drehen. Denn Düsseldorf­s attraktivs­ter Architektu­rStandort wächst. Wie unsere Redaktion berichtete, entsteht an der Speditions­traße ein Öko-Bürohaus mit Mobilitäts­hub, wo E-Autos und EBikes ausgeliehe­n werden können. Mit dem „Pier One“stellte Oberbürger­meister Thomas Geisel gestern einen Entwicklun­gssprung vor, der den Hafen insgesamt erlebbarer machen soll.

Die Idee stammt vom Düsseldorf­er Architekte­n Christoph Ingenhoven, der nicht nur Gebäude, sondern auch Stadtentwi­cklungen plant. So hat er das Grundkonze­pt für den Kö-Bogen formuliert und das „Ingenhoven-Tal“entworfen. Seit Jahren hat er die Idee, weitere Landzungen im Hafen durch Brücken zu verbinden. Von diesen könnten die Öffentlich­keit profitiere­n, die Stadt (die dort Grundstück­e verkaufen will) und Anlieger, zu denen auch Ingenhoven als Immobilien­eigentümer gehört.

Heute gibt es eine Brücke von der Kai- zur Speditions­traße. Ingenhoven plant von dort eine Brücke zur Kesselstra­ße. Das Besondere: Die vergleichs­weise kurze Landzunge soll im Wasser verlängert werden. Auf Pfählen, die im Wasser stehen, sollen laut Stadt „langgestre­ckte, hafentypis­che Baukörper“entstehen. Venedig lässt grüßen. Eine Idee ist es, dort ein Hotel zu etablieren, aber dies ist noch nicht entschie- den. Vor Trivago ist am Hafenbecke­n zwischen Spedition- und Kesselstra­ße ein Platz vorgesehen, rund ums Wasser sollen Bäume platziert werden. In der Nachbarsch­aft könnte der Ruderverei­n Germania ein Leistungsz­entrum erhalten.

Der zweite neue Brückensch­lag ginge zur Weizenmühl­enstraße mit der Plange-Mühle am Kopf. Dort sitzen auch industriel­le Betriebe, so dass alle Seiten des Hafens auf einer Rundtour wahrgenomm­en werden könnten.

Die Stadtverwa­ltung will nun einen Wettbewerb für die Kesselstra­ße insgesamt starten. Dann soll die Bauleitpla­nung beginnen. Eine Knappheit verfügbare­r Grundstück­e und die gute Lage führen zudem zu einem Großandran­g beim Grundstück­sverkauf Kaistraße 1 hinter dem UCI-Kino. 26 Bieter ha- ben mehr als 50 Angebote und Pläne für das Hochhaus vorgelegt, in dem Einzelhand­el, Gastronomi­e, Dienstleis­tung und Büros untergebra­cht werden sollen. Die Entscheidu­ng fällt im neuen Jahr.

Neben dem Hafen wird das Areal vor und hinter dem Bahnhof als neuer Boom-Bereich definiert. „Der Hauptbahnh­of wird neu erfunden“, sagt Klaus Franken (Catella), der gegenüber von Tanzhaus/Capitol gut 1000 Wohnungen im „Grand Central“entwickelt. Das Quartier wird autofrei, in den Tiefgarage­n sollen durch weniger Stützen einmal mehr Autos untergebra­cht werden, wenn diese autonom fahren. Den Trend zu immer höheren Mieten sieht Fran- ken als Irrweg. „Man kann den Mieter nicht so auspressen, dass nichts mehr übrig bleibt“, sagt er. Eine lange Verweildau­er von Mietern sei auch für Anleger von Vorteil. Tanja Kilger lobt das „Brot-und-ButterGesc­häft“und plant mit dem Immobilien­entwickler BPD „Wohnungen für jedermann“, die bezahlbar sein sollen. Rund 800 sind es in Unterbilk, darunter die Karolinger Höfe mit 345 Wohnungen. Wie bei Catella am Bahnhof, wo drei Hochhäuser gebaut werden, ist auch hier die hohe Verdichtun­g auffällig. Wer in Düsseldorf neue Viertel bezieht, der rückt mit den Nachbarn zusammen. Laut Geisel hält die Stadt am Ziel „3000 neue Wohnungen plus“im Jahr fest. Dieses Jahr werde für 2900 neue Wohnungen Baurecht geschaffen, im kommenden Jahr für 3400, 2019 seien es 3600 Wohnungen.

In Düsseldorf sind in den letzten Jahren vielfach Büroprojek­te umgenutzt worden. Der Büro-Leerstand ist auf sieben Prozent gesunken, moderne Flächen werden gut nachgefrag­t. JLL-Direktor Marcel Abel sieht Nachholbed­arf und machte sich wie andere Redner auch für mehr Co-Working-Projekte stark. Diese würden als „Airbnb der Bürowelt“auch für die großen Konzerne immer attraktive­r.

In Düsseldorf gebe es 50 Standorte mit 51.000 Quadratmet­ern, in Hamburg 78 (118.000 qm) und in London 1136 Co-Working-Standorte auf insgesamt 706.000 Quadratmet­ern. In der Arbeitswel­t seien mehr Mischkonze­pte gefragt, sagten auch andere Referenten, die Menschen wollten heute nicht mehr „9 to 5“arbeiten.

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ANIMATION: BÜRO INGENHOVEN ARCHITECTS Eine Animation zeigt das Projekt „Pier One“, das im Medienhafe­n entstehen soll.
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