Rheinische Post

G9 kostet mehr als 100 Millionen Euro

Die Stadt rechnet damit, dass sämtliche Gymnasien zur neunjährig­en Schulzeit zurückkehr­en und plant auch neue Standorte. Ausnahmen zugunsten von G 8 bewerten die Vertreter von Eltern und Schülern jeweils unterschie­dlich.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Stadt rechnet damit, dass sämtliche Gymnasien zur neunjährig­en Schulzeit zurückkehr­en und plant auch neue Standorte.

Die Rückkehr zum neunjährig­en Gymnasium nimmt konkretere Formen an. Klar ist: 13 Jahre bis zum Abitur sollen in Nordrhein-Westfalen bald wieder der Normalfall sein. Ausnahmen bleiben in Einzelfäll­en möglich, das letzte Wort hat dann die Kommune („Vetorecht“). „Ich bin bereit, gemeinsam mit der Schulaufsi­cht einen Dialog zu moderieren, der zum Ziel hat, dass sich sämtliche Düsseldorf­er Gymnasien auf das G 9-Modell einigen“, sagt Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche. Es mache Sinn, wichtige Rahmenbedi­ngungen wie die Schuldauer einheitlic­h zu halten, „damit die Gymnasien nicht in eine Konkurrenz­situation hineinlauf­en“.

Was die Rückkehr zum alten System kosten wird, hat der Spitzenbea­mte aktuell berechnen lassen. „Wir rechnen mit mindestens 85 neuen Klassenräu­men und mindestens einem neuen Gymnasium, den wir uns gut auf einem Freigeländ­e an der Völklinger Straße vorstellen können“, sagt Hintzsche. Neubauten hält er für unausweich­lich, „weil wir an vielen Standorten nicht weiter anbauen können“. Insgesamt werde das bis 2026/27, also dem ersten Jahr, in dem es wieder eine 13. Klasse gibt, „einen Betrag im unteren dreistelli­gen Millionenb­ereich kosten“. Allerdings habe das Land als Verursache­r dieser Ausgaben eine Beteiligun­g signalisie­rt.

Einem konkurrier­enden System von G 8- und G 9-Gymnasien innerhalb des Stadtgebie­ts steht auch die Bezirkssch­ülervertre­tung (BSV) kritisch gegenüber. „Das könnte einem Elite-Denken Vorschub leisten, bei dem sich die achtjährig­en Gymnasien als Schule für die besonders Guten profiliere­n“, sagt Jacob Jürgens. Der 16-Jährige geht in die 11. Jahrgangss­tufe des HumboldtGy­mnasiums und ist dort VizeSchüle­rsprecher. Die Abkehr von G 8 („zu viel Stoff in zu wenig Zeit“) findet er richtig. Er hofft, dass wenigstens die ihm folgenden Schülergen­erationen „Alt-Hebräisch nicht mehr in der zehnten bis zwölften Stunde, also von 16 bis 18.30 Uhr, haben werden“. Die BSV, in deren Vorstand Jürgens ist, will das Thema G9-Rückkehr rasch in die Schulen tragen und dort diskutiere­n lassen. „Wir fürchten, dass G9 die gewünschte Entlastung am Ende gar nicht bringt, weil neue Fächer geschaffen und die Lehrpläne der vorhandene­n Fächer sogar noch erweitert werden“, sagt er.

Auch Antje Schuh, Vorsitzend­e der Schulpfleg­schaft EDS, sieht die Rückkehr zu G 9 positiv. Dass einzelne Schulen, „die dafür gute Gründe benennen“, ausnahmswe­ise bei G 8 bleiben, findet sie in Ordnung. Kritisch sieht sie, dass die letzte Entscheidu­ng der Schulträge­r, also die Stadt, treffen soll. „Diese Hintertür gehört wieder geschlosse­n.“

Gelassen blickt Michael Baltes, Leiter des St. Ursula-Gymnasiums, auf die nahende Umstellung. „Wir sind mit G8 gut zurecht gekommen und werden es auch mit G 9.“Räumlich sieht er an seinem Standort keine Probleme. Worauf alle Schulleite­r warten, sind Konkretisi­erungen aus dem Schulminis­terium. „Mich interessie­rt, ob es mit G9 geringere Wochenstun­denzahlen geben wird und wie die Versorgung mit Lehrern konkret organisier­t wird“, sagt Dorothee Pietzko, Leiterin des Friedrich-Rückert-Gymnasiums. Und Baltes ergänzt: „Vieles ist unklar. Deshalb haben wir den Eltern, die beim Infoabend nach G8 und G9 gefragt haben, nur sagen können, dass es bislang zwar Vorschläge, nicht jedoch belastbare Fakten gibt.“Kommentar D2

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN In acht Jahren zum Abitur: Katharina Tepper unterricht­et in der Oberstufe des Friedrich-Rückert-Gymnasiums Mathematik.

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