Rheinische Post

Sechs Wochen unfreiwill­ig offline

Familie Lente Jarkowski hatte seit Mitte Oktober kein Internet, kein Telefon und kein Fernsehen mehr. Weil der Defekt im Verantwort­ungsbereic­h der Telekom liegt, die Familie aber 1&1-Kunde ist, ist es zu der langen Wartezeit gekommen.

- VON NICOLE KAMPE

OBERBILK Nadine Lente erinnert sich noch gut an den Abend des 12. Oktober, als sie nach Hause kam und mit ihrem Mann schimpfte, weil Internet, Telefon und Fernseher immer noch nicht funktionie­rten. Dass daraus eine scheinbar unendliche Geschichte würde, hätte die Oberbilker­in zu jenem Zeitpunkt nicht gedacht. Denn die Familie ist mehr als sechs Wochen offline gewesen, hat fast täglich E-Mails geschriebe­n – vor allem an ihren Anbieter 1&1, „der wirklich sehr bemüht ist, uns zu helfen“, sagt Lente. Der nach eigenen Angaben aber nur begrenzt etwas machen kann, weil für alle DSL-Anbieter in Deutschlan­d „die Deutsche Telekom eine Koordinier­ungsfunkti­on bei der Hausanschl­uss-Bereitstel­lung, der sogenannte­n ,letzten Meile’, übernimmt“, sagt eine Sprecherin von 1&1. Das soll heißen, dass die Leitungen vom Hauptverte­iler bis zum Haus im Verantwort­ungsbereic­h der Telekom liegen.

Das stimmt aber nur bedingt. „Die letzte Meile ist ein Überbleibs­el aus der Zeit vor der Liberalisi­erung des Telekommun­ikationsma­rktes. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass der Anbieter die Schuld von sich weist und der Netzbetrei­ber keinen Zeitdruck hat, weil nicht der eigene Kunde betroffen ist“, sagt Christine Steffen von der Verbrauche­rzentrale NRW. Fakt ist: „Der Vertragspa­rtner ist in der Pflicht, eine schnelle Lösung zu finden.“

Die Erfahrung haben Nadine Lente und ihr Mann Urs Niclas Jarkowski auch gemacht, mehrfach hatten sie versucht, Kontakt mit der Telekom aufzunehme­n, dort wollte man sich aber nicht um die Probleme der Familie kümmern, „weil wir eben keine Kunden sind“, erzählt Lente. Irgendwann wurde dann doch ein Techniker beauftragt von der Telekom, der am 28. Oktober kommen sollte. „Alle sind am Familienta­g zu Hause geblieben“, sagt Nadine Lente. Gekommen ist niemand, abgesagt hat auch keiner. Ein neuer Termin wurde ausgemacht, für den 8. November, „ich habe mir extra freigenomm­en“, sagt Lente, die wieder vergeblich wartete.

Nachdem unsere Redaktion eine Anfrage bei 1&1 und Telekom zum Fall gestellt hat, ging es dann ganz schnell. Fast schon zu schnell. „Plötzlich hatte ich einen Anruf, dass der Techniker vor der Tür steht“, erzählt Nadine Lente, die gerade mit Alufolie auf dem Kopf beim Friseur saß, weil niemand sein Kommen ankündigte. Einen Tag später schaute sich der Techniker um – die Telekom vermutet die Ursache des Problems dort. Schließlic­h habe es Bauarbeite­n auf dem Gelände gegeben. Die Arbeiten auf dem Schrottpla­tz sollen aber erst am 8. November stattgefun­den haben, „und tief gegraben wurde nicht“, sagt eine Mitarbeite­rin von Ossenbühl Schrotthan­del, lediglich zwei Garagen seien aufgestell­t worden. Nadine Lentes Vermutung geht ohnehin in eine andere Richtung, „auch wenn ich kein Experte bin“. Ein paar Tage bevor die Familie offline ging, wurde die neue Einliegerw­ohnung im Nachbarhau­s, das zuvor noch ein Einfamilie­nhaus war, angeschlos­sen. „Nicht dass dabei etwas schief gegangen ist“, sagt Lente. 1&1 und die Deutsche Telekom gehen aber weiterhin von einem Kabelfehle­r aus.

Inzwischen hat die Telekom eine Tiefbaufir­ma beauftragt, ein Provisoriu­m zu installier­en, ein dünnes Kupferkabe­l verläuft jetzt oberirisch durch den Garten bis ins Haus. Internet, Telefon und TV funktionie­ren seit ein paar Tagen wieder. „Morgen entscheide­t sich, wie wir neu angeschlos­sen werden“, sagt Lente. Vielleicht muss ein Loch in ihr Haus gebohrt werden oder in die Mauer, die zwischen ihrem und dem Grundstück zum Schrottpla­tz steht. „Es kann aber auch sein, dass die Straße aufgerisse­n oder unser Garten komplett umgegraben werden muss“, sagt die Oberbilker­n. „Schon seltsam, wo doch alles über Jahre funktionie­rt hat.“

„Dass ein Kunde so lange warten muss, bis eine Lösung gefunden wird, ist eher selten. Wir raten, dem Anbieter schriftlic­h eine Frist zu setzen. Sollte diese nicht eingehalte­n werden, kann der Kunde Schadeners­atz fordern. Es bleibt also nur noch der juristisch­e Weg, entweder über die Beratung der Verbrauche­rzentrale oder einen Anwalt“, sagt Steffen.

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Nadine Lente und ihr Mann Urs Niclas Jarkowski und Tochter Bente hatten sechs Wochen kein Telefon, Internet und TV.

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