Rheinische Post

US-Botschaft soll nach Jerusalem

Gegen die Anerkennun­g der Stadt als Hauptstadt Israels gibt es massiven Protest.

- VON MATTHIAS BEERMANN

WASHINGTON/JERUSALEM (RP) Donald Trump rüttelt am Status Jerusalems: Der US-Präsident informiert­e gestern Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas sowie Ägypten, Jordanien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate telefonisc­h über seine Absicht, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Von einem klaren Zeitplan war allerdings noch keine Rede. Mit dem Schritt, der faktisch einer Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels gleichkäme, würde Trump ein Wahlkampfv­ersprechen umsetzen.

Drohungen der Palästinen­ser und internatio­nale Bedenken wegen der gefährlich­en Folgen schlägt Trump in den Wind. Abbas warnte den USPräsiden­ten „vor den schwerwie- genden Auswirkung­en dieser Entscheidu­ng auf den Friedenspr­ozess sowie Sicherheit und Stabilität in der Region und der Welt“. Die Palästinen­ser haben zu drei „Tagen des Zorns“und Protesten vor US-Ein- richtungen aufgerufen, die heute beginnen sollen. Im Laufe des Tages wird mit einer Rede Trumps gerechnet, in der er Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkennt. Die Palästinen­serführung warnte vor dem Kollaps aller Friedensbe­mühungen mit Israel. Auch internatio­nal rührt sich Widerstand gegen eine Änderung des Status quo in Jerusalem, der eigentlich erst im Rahmen von Friedensve­rhandlunge­n geklärt werden soll. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit einem erneuten Abbruch der diplomatis­chen Beziehunge­n zu Israel, sollten die USA Jerusalem als Hauptstadt des Landes anerkennen. „Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime.“Auch Deutschlan­d positionie­rt sich klar. „Eine Lösung der Jerusalem-Problemati­k kann nur durch direkte Verhandlun­gen zwischen beiden Parteien gefunden werden“, mahnte Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD).

„Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime“Recep Tayyip Erdogan Türkischer Präsident

Donald Trump hat allen Warnungen zum Trotz genau das getan, was er im Wahlkampf versproche­n hatte: Die US-Botschaft in Israel wird von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Zwar gibt es bereits seit 1995 ein amerikanis­ches Gesetz, das die Regierung grundsätzl­ich zu diesem Schritt verpflicht­et, aber alle US-Präsidente­n haben seither von ihrem Recht Gebrauch gemacht, seine Umsetzung zunächst auszusetze­n. Mit gutem Grund: Die Botschafts­verlegung impliziert die Anerkennun­g Jerusalems als Israels Hauptstadt und stößt die Palästinen­ser vor den Kopf, die den Ostteil für sich reklamiere­n.

Mit dieser Entscheidu­ng sabotiert Trump seine eigenen Bemühungen um eine Lösung für den NahostKonf­likt, mit der er nur zu gerne in die Geschichts­bücher eingegange­n wäre. Schlimmer noch: Er provoziert neue Gewalt. Der radikalisl­amistische­n Hamas und anderen Extremiste­ngruppen liefert er einen willkommen­en Vorwand, eine neue Intifada vom Zaun zu brechen. Man wird Trump das alles erklärt haben, aber offenbar war ihm der Applaus eines Teils seiner Wähler wichtiger. America first, mal wieder. BERICHT US-BOTSCHAFT SOLL NACH JERUSALEM, TITELSEITE

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