Rheinische Post

Die Altstadten­gel

Vor einem Jahr haben Sonja Mindt, Ulrike Reich-Dünschmann und Daniela Stritzel den Verein Altstadten­gel gegründet. Jeden dritten Samstag im Monat verteilen sie auf dem Grabbeplat­z Sachspende­n, Essen und Kleidung an Obdachlose.

- VON NICOLE KAMPE

ALTSTADT/REISHOLZ Einen großen Stapel Geschenk-Tüten haben Sonja Mindt und Ulrike Reich-Dünschmann schon gesammelt – rote, weiße, goldene, manche mit Nikolaus-Motiv, andere mit Schneefloc­ken und Sternen bedruckt, viele davon glitzern. Ein paar Futter-Portionen für Hunde und Katzen sind organisier­t, Decken, Konserven, Schals, die die Frauen bald wieder verteilen, an Menschen, die es nicht so gut haben im Leben, an Obdachlose oder Senioren mit zu kleiner Rente. Daniela Stritzel, Sonja Mindt und Ulrike Reich-Dünschmann sind die Altstadten­gel. Was mit einer kleinen Facebook-Aktion begann vor einem Jahr, ist inzwischen zu einem festen Termin gewachsen. Jeden dritten Samstag im Monat kommen die Engel zum Grabbeplat­z, bringen selbst gekochte Suppe und gesammelte Sachspende­n mit, die sie dort verteilen.

Ehrenamtli­ch machen das die Frauen, die es ohne Helfer nicht schaffen würden. Die Idee dazu hatte 2016 Ulrike Reich-Dünschmann, „ich hatte damals ein bisschen Zeit“, sagt sie. Bald fand sie Mitstreite­r wie Daniela Stritzel und Sonja Mindt, die bei ihrer ersten Tour zum Grabbeplat­z ein Pfefferspr­ay einpackte, „weil ich überhaupt nicht wusste, was mich erwartet“, sagt Mindt. Heute lacht sie darüber, gebraucht hat sie es nie, ein zweites Mal nicht mitgenomme­n. „Die Obdachlose­n passen sogar auf unsere Sachen auf, wenn wir eine Pause machen“, erzählt Mindt, und auf die Frauen natürlich. Oft hören sie traurige Geschichte­n, von schlimmen Schicksals­schlägen – „wir sind aber keine Sozialarbe­iterinnen“, sagt Reich-Dünschmann. Manchmal reicht es, wenn jemand zuhört, „Zeit für das Zwischenme­nschliche hat“, sagt Sonja Mindt.

50 bis 150 Bedürftige – 90 Prozent davon sind Männer – kommen, wenn die Altstadten­gel ihren Stand aufbauen, immer gegen 17 Uhr. Manchmal sind es so viele, dass die Engel um 20 Uhr wieder einpacken, manchmal stehen sie bis 22 Uhr dort. Viel Zeit investiere­n sie für ihr Engagement, „40 bis 50 Stunden kommen da schon zusammen im Monat pro Person“, sagt Mindt, die als Marktleite­rin im Einzelhand­el arbeitet. Stritzel ist Erzieherin, Reich-Dünschmann Betreuungs­assistenti­n – Fulltime-Jobs also, parallel das Ehrenamt. Denn für die Spenden müssen die Frauen sammeln, manchmal fahren sie durch die ganze Stadt, um Schuhe, Jacken und Lebensmitt­el zusammenzu­bekommen. Die ersten Monate hortete Ulrike Reich-Dünschmann die Sachen in großen Säcken und Kartons in ihrem Haus in Reisholz. Irgendwann war es zu viel geworden – ein kleines Lager füllen die Frauen jetzt, für das sie aus eigener Tasche bezahlen. „Toll wäre, wenn uns jemand kostenlos einen Raum zur Verfügung stellen könnte“, sagt Sonja Mindt. Gerade jetzt kurz vor Weihnachte­n: Denn die Engel wollen Geschenke verteilen am 16. Dezember, einiges haben sie schon zusammen, das sie bis zur Ausgabe verstauen müssen. Und sie suchen weitere Unterstütz­er, die GeschenkTü­ten und Päckchen füllen mit Kleidung, Kosmetik, Taschenlam­pen, Kerzen. „Auch über eine Dose Ravioli freuen sich die Bedürftige­n“, sagt Reich-Dünschmann, die schon einen Weihnachts­baum für die Ausgabe organisier­t hat, eine Lichterket­te und ein bisschen Deko, damit der Abend zu einer richtigen kleinen Weihnachts­feier wird.

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Für die letzte Ausgabe vor Weihnachte­n wollen Sonja Mindt und Ulrike Reich-Dünschmann Päckchen an die Obdachlose­n verteilen.

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