Rheinische Post

Nur 630.000 Unterschri­ften: G9-Volksbegeh­ren gescheiter­t

- VON FRANK VOLLMER

DÜSSELDORF (fvo) Die Elterninit­iative „G 9 jetzt“hat ihr Ziel, per Volksbegeh­ren eine komplette Rückkehr zum neunjährig­en Gymnasium in NRW zu erreichen, deutlich verfehlt. Bisher habe man 630.000 Unterschri­ften gesammelt, sagte Marcus Hohenstein von „G 9 jetzt“. Für einen Erfolg hätten die Initiatore­n bis Januar rund 1,1 Millionen Unterschri­ften gebraucht. Dieses Ziel sei realistisc­h nicht mehr zu erreichen, sagte Manuela Lindkamp von „G9 jetzt“.

Hohenstein sagte zur Begründung, der Plan der schwarz-gelben Landesregi­erung, ab 2019 zu G 9 als Regelmodel­l zurückzuke­hren, habe den „Eindruck verfestigt, G 9 werde auf jeden Fall kommen“. Nach dem Willen von Schwarz-Gelb können Schulen auch bei G 8 bleiben; dafür ist aber eine Zweidritte­lmehrheit in der Schulkonfe­renz nötig.

Die G 9-Initiative will nun erneut Unterschri­ften sammeln – gegen jeden „Pflichtunt­erricht am Nachmittag“, wie Hohenstein sagte. Konkret geht es um die insgesamt 188 Wochenstun­den, die der Gesetzentw­urf von Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) für die Sekundarst­ufe I vorsieht. Darin sind acht „Ergänzungs­stunden“enthalten, die nicht für alle Schüler verbindlic­h sind. „G 9 jetzt“fordert maximal 180 Stunden.

Das Ministeriu­m wollte sich nicht äußern. Peter Silbernage­l, Landeschef des Philologen­verbands, sagte: „Die schulpolit­ische Entwicklun­g nach der Landtagswa­hl ist über das Volksbegeh­ren hinweggega­ngen.“

Über Jahre haben sich Tausende Eltern in NRW für die Komplett-Rückkehr zum neunjährig­en Gymnasium starkgemac­ht. So viel direkte Demokratie war lange nicht – das war aller Ehren wert. Trotzdem ist es gut, dass das Volksbegeh­ren gescheiter­t ist, denn so verschwind­et ein Hindernis auf dem Weg zur Befriedung der Debatte. Der Plan des Landes für die Umstellung auf G 9 ist wahrlich ambitionie­rt genug. Und ihr Kernziel haben die Eltern ja erreicht: NRW kehrt zum neunjährig­en System zurück. Und zwar de facto flächendec­kend, weil kaum Schulen als G 8-Exoten übrig bleiben wollen.

Umso befremdlic­her wirkt es, dass die G 9-Initiative jetzt allen verpflicht­enden Unterricht nach der sechsten Stunde loswerden will. Ein, auch zwei Tage Nachmittag­sunterrich­t pro Woche sind keine Freiheitsb­eraubung und legen nicht die Axt an die Wurzel der bürgerlich­en Gesellscha­ft, auch wenn mit viel Verve anderes behauptet wird. Im Gegenteil: Zusätzlich­e Förderung ist für viele Schüler (ja, sogar aus Akademiker­familien) ein Segen. Und nötig ist mehr Verbindlic­hkeit, nicht weniger, auch am Gymnasium.

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