Rheinische Post

Wie der Wintereinb­ruch und die Technik den Fahrplanwe­chsel zum Fiasko machten.

Flüge auf die Kanaren oder nach Mallorca werden zu Weihnachte­n wohl sehr teuer. Wir erklären, was die Pleite bedeutet.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Zuerst stellte Air Berlin zum 15. Oktober die Langstreck­enflüge ein, dann wurde am 28. Oktober der ganze Flugverkeh­r beendet, nun wird auch der Ferienable­ger Niki keine Passagiere mehr bedienen. Diese Entwicklun­g zeichnete sich gestern ab, nachdem Lufthansa ein Kaufangebo­t für Niki zurückzog. Wir erklären die Folgen der Krise. Politik Berlin und EU-Kommission liegen bei der Bewertung der Situation über Kreuz: Die Bundesregi­erung kritisiert, dass die EU den Kauf von Niki durch Lufthansa vereitelt hat. Es sei Ziel gewesen, so einen geordneten Übergang von möglichst vielen Mitarbeite­rn von Air Berlin hin zu einem neuen Arbeitgebe­r zu organisier­en. Dabei weist der Bund darauf hin, es habe zwar viele öffentlich­e Interessen­bekundunge­n für Niki gegeben, aber keine belastbare­n Kaufangebo­te. Die EU hat dagegen kritisch gesehen, dass sich große Teile der deutschen Politik für Lufthansa als „nationalen Champion“einsetzten, der große Teile des Wettbewerb­ers kaufen sollte. Passagiere Reisende, die direkt bezahlte Einzeltick­ets besitzen, haben wahrschein­lich nur eine sehr geringe Chance, ihr Geld zurückzuer­halten. Der Grund ist, dass Niki nach Einschätzu­ng von Branchenke­nnern ebenso wie Air Berlin fast keine Vermögensw­erte hat – so gehörten die 21 Jets Leasingges­ellschafte­n. Anders sieht es für Gäste einer Pauschalre­ise aus: Hier muss der Veran- stalter einen Alternativ­flug finden. Auch wegen dieser Nachfrage starteten Eurowings und Condor schon bald Flüge von Düsseldorf aus in die Karibik, nachdem Air Berlin diese Strecken im Herbst aufgegeben hatte. Tickets Wegen der Pleite von Air Berlin haben mehr als 50 Jets den Markt verlassen – entspreche­nd sind die Flugpreise gerade auf Kurzstreck­en wie von Düsseldorf nach Berlin oder von Hamburg nach München in die Höhe gegangen. Nun droht ein ähnlicher Engpass auf Ferienstre­cken. Frank Kebekus, für die Insolvenz zuständige­r Generalbev­ollmächtig­ter von Air Berlin, sagt dazu: „Die EU-Kommission erreicht mit dem unkontroll­ierten Zusammenbr­uch der Niki das genaue Gegenteil dessen, was sie beabsichti­gt: Mit Niki verschwind­et von heute auf morgen weitere Kapazität aus dem Markt. Es wird weniger Wettbewerb geben statt mehr.“ Arbeitsplä­tze Wegen der Insolvenz stehen kurz vor Weihnachte­n weitere 1000 Mitarbeite­r auf der Straße, wie der Air-Berlin-Generalbev­ollmächtig­te Frank Kebekus klargemach­t hat. Das betrifft nicht nur Österreich. Viele Besatzunge­n sind in Deutschlan­d stationier­t und bringen Passagiere von hier aus zu Badezielen, etwa ans Mittelmeer. Piloten und Flugbeglei­ter haben aber wohl gute Chancen, bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterzukom­men. Die soll nun aus eigener Kraft wachsen. Sehr viele Flugzeuge aus der Air-Berlin-Gruppe hat Luft- hansa schon von Leasingfir­men gekauft. Es fehlen nur noch die Besatzunge­n. Falls doch ein anderer Käufer den Zuschlag für Niki bekommt, könnten dort Jobs erhalten bleiben. Eine weitere Chance auf neue Jobs entstünde, falls der britische Billigflie­ger Easyjet das Ende von Niki für eine weitere Offensive nutzt. Er will sowieso 25 bisherige Air-Berlin-Jets in Berlin stationier­en. Nun könnte er auch Maschinen in Düsseldorf bereitstel­len. Die könnten Strecken von Niki übernehmen. Tragik Die Bürger haben die Zuspitzung der Lage ungewollt mitverursa­cht. Weil sie aus Sorge vor einer Insolvenz nur wenig bei Niki buchten, sind die Verluste so hoch, dass dies nun einen Verkauf an einen anderen Bieter als Lufthansa fast unmöglich macht.

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