Rheinische Post

Bahn entschuldi­gt sich für Chaostage

Die Probleme auf der neuen Schnellstr­ecke zwischen Berlin und München kommen den Konzern teuer zu stehen. Ab einer Stunde Verspätung gibt es den vollen Fahrpreis und einen Reisegutsc­hein in Höhe von mindestens 50 Euro.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der nach Bahn-Angaben größte Fahrplanwe­chsel aller Zeiten ist gehörig daneben gegangen. Das räumte gestern die Chefin von DB Fernverkeh­r, Birgit Bohle, in einem Gespräch mit Journalist­en ein. „Es ist nicht gut gelaufen“, konstatier­te die Managerin zerknirsch­t. „Wir entschuldi­gen uns dafür, dass wir nicht die Leistung erbracht haben, die wir versproche­n haben.“

Die Bahn kämpft seit der Umstellung des Fahrplans am vergangene­n Wochenende mit massiven Problemen – insbesonde­re auf der prestigetr­ächtigen neuen SchnellVer­bindung zwischen Berlin und München, mit der der Staatskonz­ern den Fluggesell­schaften etliche Kunden abjagen will.

Die dort eingesetzt­en ICE haben Probleme mit dem Zugsicheru­ngssystem European Train Control System (ETCS), das zu schnell fahrende Züge automatisc­h abbremst. Insbesonde­re die Wegmessung (Odometrie) bereitet nach Angaben von Bohle Schwierigk­eiten. „Dabei handelt es sich um eine Technik, die dem Zug anzeigt, wo er sich befindet, und daraus ableitet, wie schnell er unterwegs ist.“Da allerdings in der Werkstatt ein Mitarbeite­r einen falschen Raddurchme­sser ins System eingegeben habe, habe der Zug permanent widersprüc­hliche Ergebnisse geliefert. Das überforder­te ETCS habe daraufhin Zwangsbrem­sungen durchgefüh­rt. Acht Züge hatten allein am Sonntag mit diesem Problem zu kämpfen. Hinzu kam eine sechsstünd­ige Streckensp­errung wegen eines Personensc­hadens nahe Ingolstadt.

Und auch auf den übrigen Strecken häuften sich die Probleme. Dabei habe der Sonntag noch recht vielverspr­echend angefangen, sagte Bohle. Bis zum Mittag hätten die Pünktlichk­eitswerte sogar über dem Jahresdurc­hschnitt gelegen. Doch dann sei das Schneeband über die Republik gezogen. Hauptverbi­ndungsachs­en wie die zwischen Köln und dem Frankfurte­r Flughafen mussten über Stunden wegen des schlechten Wetters komplett gesperrt werden. Am Hauptbahnh­of in Frankfurt fiel die Weichen-Heizungs-Anlage aus. Zahlreiche Weichenstö­rungen und auch der witterungs­bedingte Ausfall von 16 ICE sowie zweier weiterer Schnellzüg­e durch Wildunfäll­e gaben dem fein austariert­en Fahrplan endgültig den Rest. Noch am Montag seien die Auswirkung­en vom Wochenende zu spüren gewesen. Sukzessive habe die Bahn die Probleme in den Griff bekommen. Allein die ICE der Baureihe 1 bereiteten weiter Schwierigk­eiten. Bis zum Ende dieser Woche sollen diese auf der neuen Paradestre­cke halbwegs abgestellt sein. Bis zum Wochenende werde sich die Situation im Linienverk­ehr weiter stabilisie­ren, sagte die Bahn-Fernverkeh­rschefin. Schon am Montag und Dienstag seien nur noch wenige Züge ausgefalle­n oder umgeleitet worden.

Auch auf den anderen Strecken will die Bahn „die Reisenden im Weihnachts­verkehr zuverlässi­g an ihr Ziel zu bringen“, wie Bohle erklärte. Sie sei „zuversicht­lich, dass wir das bis dahin weitgehend im Griff haben“. Schaffen will das Unternehme­n das beispielsw­eise durch den Einsatz von zusätzlich­em Personal. In den Werkstätte­n werde rund um die Uhr gearbeitet.

Für die Bahn wird insbesonde­re das Fiasko auf der Schnellstr­ecke richtig teuer. Betroffene­n Kunden will der Konzern mit Sonderkond­itionen entgegenko­mmen: Normalerwe­ise muss die Bahn bei einer Verspätung von einer Stunde nur 25 Prozent des Fahrpreise­s erstatten. Stattdesse­n sollen seit dem Wochenende betroffene Fahrgäste den vollen Fahrpreis erstattet bekommen und zusätzlich einen Reisegutsc­hein von mindestens 50 Euro erhalten.

Kunden, die von einer mehr als einstündig­en Verspätung auf der Strecke Berlin–München betroffen gewesen sind, können ihre Ansprüche entweder telefonisc­h unter der kostenfrei­en Rufnummer 08000 607060 oder über die E-Mail an kundendial­og-nbs@dbdialog.de anmelden.

Wie hoch die Kosten aufgrund dieser Maßnahme und durch den zusätzlich­en Personalei­nsatz im Weihnachts­verkehr ausfallen, dazu gebe es noch keine Informatio­nen, sagte Bohle. „Wir kümmern uns jetzt erst einmal darum, die Probleme abzustelle­n. Einen Kassenstur­z machen wir dann später.“

 ??  ?? Ein ICE-3 am Bahnhof im verschneit­en München. Die dritte Generation des Schnellzug­s wird überwiegen­d für die Sprinter-Fahrten zwischen Berlin und München eingesetzt.
Ein ICE-3 am Bahnhof im verschneit­en München. Die dritte Generation des Schnellzug­s wird überwiegen­d für die Sprinter-Fahrten zwischen Berlin und München eingesetzt.

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