Rheinische Post

ÖKONOMIN Wie viel verdient der Kollege?

Frauen erhalten 20 Prozent weniger als Männer. Das soll 2018 das Transparen­zgesetz ändern. Doch es macht unzufriede­n und verkennt die Gründe.

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Im neuen Jahr wird vieles besser : Die Rentenkass­e wird günstiger, die Ökostrom-Umlage fällt, das Netzwerkdu­rchsetzung­s-Gesetz tritt in Kraft: Facebook und Co. müssen strafbare Inhalte löschen. Und der Staat will für eine bessere Bezahlung von Frauen sorgen. Nach dem Transparen­z-Gesetz können Frauen (und Männer) vom 6. Januar an über den Betriebsra­t Auskunft zu Löhnen der Kollegen verlangen. Natürlich verrät der Arbeitgebe­r nicht, wer wie viel bekommt. Aber er muss, wenn er mehr als 200 Mitarbeite­r hat, Vergleichs­gruppen bilden und für diese den Durchschni­ttslohn öffentlich machen. Dies kann die Frau bei der nächsten Lohnverhan­dlung oder als Basis einer Klage nutzen.

Theoretisc­h reizvoll: Voraussetz­ung für perfekten Wettbewerb sind schließlic­h perfekte Informatio­nen aller Marktteiln­ehmer. Asymmetris­che Infos (einer weiß mehr als die anderen) führen dagegen grundsätzl­ich zu ineffizien­ten Resultaten. Praktisch wird das Gesetz nach hinten losgehen: Es bedeutet neue Bürokratie, was gerade für kleine Betriebe ein Problem wird. Und es macht die Belegschaf­t nicht glückli- cher, wie eine Studie von Dirk Sliwka vermuten lässt. Der Kölner Professor hat die Boni eines Dax-Konzerns untersucht: Danach sind Mitarbeite­r, die erfahren, dass sie weniger als 100 Prozent Bonus erhalten, signifikan­t unzufriede­ner, während die, die mehr als 100 Prozent bekommen, kaum zufriedene­r werden.

Vor allem packt das Gesetz das Übel nicht bei der Wurzel. Zwar liegt der Stundenloh­n von Frauen (16,26 Euro) im Schnitt um ein Fünftel unter dem von Männern (20,71). Doch das liegt kaum an Diskrimini­erung (kein Tarifvertr­ag macht Unterschie­de), sondern daran, dass Frauen oft Berufe mit schlechter Bezahlung wählen, mehr Teilzeit arbeiten, weniger Karriere machen oder zu bescheiden sind. Das kann man ändern – ganz ohne Lohngesetz.

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