Rheinische Post

Fußballfan­s wollen gehört werden

Kollektivs­trafen, Kommerzial­isierung, Spieltagze­rsplitteru­ng – die Themen sind vielfältig.

- VON THOMAS ESSER UND ULRIKE JOHN

BERLIN (dpa) Fans in Tarnkleidu­ng marschiere­n mit einem großen Banner „Krieg dem DFB“durch die Karlsruher Straßen. Der Weg der Anhänger von Zweitligis­t Dresden zum letzten Auswärtssp­iel der vergangene­n Saison macht vor allem wegen Gewalttate­n einiger Anhänger Schlagzeil­en. Die Aktion ist jedoch auch der Auftakt zu Protesten, die das Fußballjah­r in Deutschlan­d prägen. „Der überwiegen­de Teil der deutschen Fanszene hat sich dieser Kampagne angeschlos­sen“, sagt Michael Gabriel von der Koordinati­onsstelle Fanprojekt­e (KOS).

Hinter der Parole verbirgt sich laut Gabriel der Wunsch, „stärker einbezogen zu werden“. Viele Fans haben das Gefühl, dass sich der Fußball an ihnen vorbei entwickelt und die Basis immer weiter ausgegrenz­t wird. Die Anhänger protestier­en gegen Kommerzial­isierung, Kollektivs­trafen und die weitere Zersplitte­rung des Spielplans – einige stören sich auch am Verbot von Pyrotechni­k. „Die Kollektivs­trafen“, antwortet Rainer Vollmer aus dem Sprecherra­t der Interessen­vertretung aktiver Fußball-Fans „Unsere Kurve“auf die Frage nach den dringendst­en Problemen aus Fansicht. Im kommenden Jahr werde zudem die Spieltagsg­estaltung noch eine größere Rolle spielen. nachdem die Deutsche Fußball Liga die ersten Montagsspi­ele der Saison für Februar angesetzt hat.

Was in Karlsruhe beginnt, setzt sich unter anderem beim DFB-Pokalfinal­e in Berlin und zu Beginn der laufenden Saison deutschlan­d- weit fort. In den Stadien hängen Banner, auf denen der DFB beleidigt wird. Dazu gibt es Wechselges­änge zwischen Heim- und Auswärtsku­rve: „Scheiß DFB“– in diesem Punkt sind sich sogar Fans aus sonst erbittert verfeindet­en Fanlagern einig.

Laut Gabriel gibt es „vielverspr­echende Signale“. So hat der DFB Kollektivs­trafen ausgesetzt. Fans und Verband sprechen wieder miteinande­r. „Wir haben eine von gegenseiti­gem Respekt geprägte Diskussion­sgrundlage geschaffen“, sagte DFB-Chef Reinhard Grindel nach einem Treffen im November. Neben Themen wie Stadionver­botsrichtl­inien oder Umgang mit Fanutensil­ien drohen weitere Diskussion­en über den Videobewei­s. „Das macht die Spontanitä­t und den Fußball kaputt“, sagt Vollmer.

Trotz der Fortschrit­te müssen noch viele Probleme gelöst werden. Für Vollmer steht dabei etwas Grundsätzl­iches im Vordergrun­d: „Es geht um die Frage, werden Fans bei gewissen Entscheidu­ngen im Vorfeld mit eingebunde­n oder zumindest frühzeitig informiert.“

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Dresdener Fans als „Football Army“in Karlsruhe im Mai.

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