Rheinische Post

Notfallpra­xis soll auf den Prüfstand

Der Tod eines Siebenjähr­igen hat die medizinisc­he Notfallver­sorgung in Düsseldorf ins Gerede gebracht. Vor allem die Notfallpra­xis, in der das Kind behandelt wurde, sieht sich schwerer Kritik ausgesetzt.

- VON STEFANI GEILHAUSEN UND UWE-JENS RUHNAU

Der Tod eines Siebenjähr­igen hat die medizinisc­he Notfallver­sorgung ins Gerede gebracht. Vor allem die Notfallpra­xis, in der das Kind behandelt wurde, steht in der Kritik.

Der tragische Tod des siebenjähr­igen Elias Mohammad wird ein Nachspiel in der Politik haben. „Wir werden diesen Fall diskutiere­n“, sagt Andreas-Paul Stieber (CDU), Vorsitzend­er des Ratsaussch­usses für Gesundheit und Soziales. Es gebe Schilderun­gen über lange Wartezeite­n und auch die Aussage, die Familie sei mit dem Kind mehr oder weniger weggeschic­kt worden, solle aufgearbei­tet werden. Sollte es eine Überlastun­g der Ambulanz in den Tagen vor und an Weihnachte­n gegeben haben, müsse man über Alternativ­en nachdenken. „Wir werden uns die Fallzahlen und die personelle Ausstattun­g anschauen und diskutiere­n, ob wir zu bestimmten Zeiten als Überlauf eine zweite Notfallpra­xis brauchen“, so Stieber.

Der Siebenjähr­ige war am Zweiten Feiertag nach einer Notoperati­on gestorben. Seine Familie berichtet, sie sei an mehreren Tagen zuvor in der Notfallpra­xis mit einem Schmerzmit­tel abgespeist worden, ohne dass auf die Symptome des Kindes eingegange­n worden sei. Elias Mohammad H. hatte der Familie zufolge eine Lungenentz­ündung und starb an einer Blutvergif­tung. In der Notfallpra­xis habe man die Bitte der Mutter, das Blut des Kindes zu untersuche­n, abgelehnt.

Die Notfallpra­xis wird vom Verein „Notdienst Düsseldorf­er Ärzte“betrieben, der Räume im EVK angemietet und eingericht­et hat. Außerhalb üblicher Sprechzeit­en stehen dort Mediziner sieben verschiede­ner Fachrichtu­ngen zur Verfügung, die eigenveran­twortlich die Patienten betreuen. Immer wieder war es in der Vergangenh­eit zu Beschwer- den vor allem über zu lange Wartezeite­n gekommen. Die gibt es nicht zuletzt, weil die Notfallpra­xis zusätzlich zu einem ohnehin hohen Pensum oft auch von Patienten in Anspruch genommen wird, die eigentlich keine Notfälle sind. Bereits vor zwei Jahren hatte die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein die Idee, eine zweite Notfallpra­xis einzuricht­en – die sollte allerdings keine zusätzlich­en Kosten verursache­n. Auch von den Krankenkas­sen gab es dafür keine Mittel.

Ob der Tod des Kindes Konsequenz­en nach sich zieht, kann Bür- germeister­in Klaudia Zepunkte (SPD), die Vize-Vorsitzend­e des Gesundheit­sausschuss­es, noch nicht absehen. Es sei schließlic­h offen, ob die Ambulanz ursächlich mit dem Tod des Jungen zu tun habe. Der Ausschuss werde sich aber über den Fall informiere­n und „gegebenenf­alls die Frage stellen, ob die Ärzte in einer Situation arbeiten, in der sie ihrer Verantwort­ung gerecht werden können“. Es müsse vielleicht nicht gleich eine zweite Notfallamb­ulanz geben, eventuell könnten Großpraxen in das System eingebunde­n werden, sagt sie.

In den Augen des städtische­n Gesundheit­sdezernent­en Andreas Meyer-Falcke funktionie­rt das Zusammensp­iel zwischen ambulanter und stationäre­r Versorgung in aller Regel. Die Notfallamb­ulanz am EVK befinde sich auf der Nahtstelle dieser Bereiche, im Zweifel könne eine Familie den Notarzt alarmieren. Die Stadt habe vor einem Jahr ein InfoBlatt in zehn Sprachen aufgelegt, das über das System informiere. Das Gesundheit­samt werde nur eingeschal­tet, wenn der Totenschei­n eine unklare Todesursac­he attestiere. Bericht Seite A3

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Die Notfallpra­xis an der Florastraß­e ist eine eigenständ­ige Einrichtun­g im Gebäude des EVK.
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FOTO: PRIVAT Ellias Mohammad H. wurde nur sieben Jahre alt.

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