Rheinische Post

StatusSymb­ole

Was nützt der schönste Er- folg, wenn ihn niemand außer einem selbst bemerkt? Viele Menschen wollen zeigen, was sie im Leben erreicht haben.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Treffen sich zwei alte Schulfreun­de in der Kneipe. „Nein, der Schober“, ruft der eine. Und der andere: „Schröder!“Schon sitzen sie einander gegenüber. „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“, knallt der eine dem anderen die entspreche­nden Fotos auf den Tisch. Und der frühere Kumpel kontert prompt: mit noch größerem Haus, Auto, Boot.

Dieser Werbespot stammt aus dem Jahr 1998. Aus einer Zeit, als die NewEconomy-Blase noch nicht geplatzt war und ein gewisser gesellscha­ftlicher Konsens darüber herrschte, was ein Statussymb­ol ist. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Ob ein Statussymb­ol andere Menschen tatsächlic­h beeindruck­t, ist ungewisser denn je. Zu unterschie­dlich ist, was als erstrebens­wert gilt – je nach politische­r Orientieru­ng, Bildungsst­and, Alter und Geschlecht.

Selbst das Auto, einst unumstritt­enes Symbol für Erfolg, hat diese Bedeutung teilweise eingebüßt. Nicht jede Luxuslimou­sine ruft heute noch Bewunderun­g hervor. SUV-Inhabern etwa kann es durchaus passieren, dass sie sich rechtferti­gen müssen. In einigen europäisch­en Ländern wie in Norwegen stehen inzwischen auch viele typische Luxusmarke­n nicht mehr sehr hoch im Kurs. Dort gilt es als schick, ein amerikanis­ches Elektro-Auto oder zumindest einen Hybrid zu fahren. In Deutschlan­d hat der Öko-Trend eine andere Ausprägung: Junge Leute in Städten brüsten sich gern mit Car-Sharing. Das kommt besonders gut an, wenn sie sich eigentlich ein eigenes Auto leisten könnten.

Statussymb­ole gab es schon zu einer Zeit, als die Menschen noch nicht lesen und schreiben konnten. Piktogramm­e machten deutlich, wo jemand hierarchis­ch anzusiedel­n war. Nachfolger dieser Strichzeic­hnungen sind heute Marken-Logos.

Die spielen insbesonde­re bei elektronis­chen Geräten eine Rolle. Tablet-Computer, Smartphone­s etc. signalisie­ren vom Teenager-Alter an, wie jemand einzusorti­eren ist. Noch mehr zählt unter Jugendlich­en aber die Beliebthei­t in sozialen Netzwerken. Wer viele Follower hat, genießt hohes Ansehen. Wer noch dazu über viele internatio­nale Kontakte verfügt, ist ziemlich weit vorn.

Übrigens sind auch weltgewand­te, erfolgreic­he Kinder in Elternkrei­sen ein Prestigeob­jekt. Wer seinen Kindern eine teure Ausbildung finanziere­n kann, demonstrie­rt damit auch seinen gesellscha­ftlichen Status. Manchem ist das mehr als nur ein willkommen­er Nebeneffek­t. Von diesem Phänomen profitiere­n die Elite-Unis weltweit.

Weil die Ansichten über PrestigeOb­jekte inzwischen so weit auseinande­rgehen, werden sie im Wirtschaft­sleben wertloser. Ließ sich früher noch mit teureren Firmenwage­n die Motivation steigern, steht heute eher Familienfr­eundlichke­it obenan. Zumal die Statussymb­ole den unangenehm­en Nebeneffek­t haben, dass sie unter Mitarbeite­rn Neid schüren können.

Die Sozialpsyc­hologie weiß ohnehin seit Langem, dass intrinsisc­he Motivation durch extrinsisc­he Anreize wie zum Beispiel einen Firmenwage­n leicht zerstört werden kann. Das sollte sich jeder Arbeitgebe­r gut überlegen: Nach einer USStudie von Yoon Jik Cho und James Perry unter über 200.000 Beschäftig­ten ist die Motivation dreimal stärker an intrinsisc­he als an extrinsisc­he Antriebe gekoppelt.

Was aber kann jene motivieren, die sowieso keinen intrinsisc­hen Antrieb haben? Vermutlich die Aussicht auf Statussymb­ole.

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