Rheinische Post

40 Jahre „Tagestheme­n“und „heute journal“

1978 starteten die beiden öffentlich-rechtliche­n Nachrichte­nformate. Das Konzept gilt heute noch als aktuell.

- VON DORIT KOCH UND OLIVER VON RIEGEN

HAMBURG/MAINZ (dpa) In Hamburg begann die Revolution mit einem missgestim­mten „Tagesschau“Chefsprech­er: Aus Protest, dass er und seine Kollegen bei den „Tagestheme­n“nur noch an zweiter Stelle nach dem Moderator standen, raschelte Karl-Heinz Köpcke in der ersten Sendung unüberhörb­ar mit dem Papier und gähnte auch noch. Das neue, 30 Minuten lange Format ersetzte die Spätausgab­e der „Tagesschau“. Viele Zuschauer empfanden den Start als „kleine Revolution“, manche die Sendung als „gewöhnungs­bedürftig“, so der für die ARD-aktuell-Formate zuständige Norddeutsc­he Rundfunk (NDR).

Das „heute-journal“im ZDF startete mit Dieter Kronzucker – ebenfalls am 2. Januar 1978. Kronzucker begann die erste Ausgabe ganz sachlich: „Also, wir begrüßen Sie zum heute-journal.“Mit „Antenne und Phantasie“sollte die Sendung gemacht werden, schrieb der damalige Chefredakt­eur Reinhard Appel. 40 Jahre später halten Claus Kleber (62) und Marietta Slomka (48) das Konzept für unverwechs­elbar. „Die Moderatore­n haben eine eigene Persönlich­keit, die Autoren eine eigene Handschrif­t und natürlich sind Interviews ein wichtiger Bestandtei­l und sicher ein Markenkern“, sagt Slomka. Die Grundidee habe Bestand, aber das Tempo habe sich erhöht, mehr Infos und Bilder müssten auf Authentizi­tät geprüft werden.

Slomka ist seit 2001 als Moderatori­n dabei, Kleber seit 2003. Sie werden ergänzt von den Co-Moderatore­n Gundula Gause und Heinz Wolf. Einige Interviewp­artner sind unvergesse­n. Bayerns damaliger Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) sagte Kleber 2012 nach minutenlan­ger deftiger Kritik gegen die CDU: „Sie können das alles senden, was ich gesagt hab’.“Slomka und der da- malige SPD-Chef Sigmar Gabriel gerieten ein Jahr später aneinander, als es um die Mitglieder­befragung für eine große Koalition ging. „Lassen Sie uns den Quatsch beenden“, sagte Gabriel.

Von Januar bis Oktober 2017 sahen das „heute-journal“im Schnitt 3,8 Millionen Zuschauer. Seit Jahren „konstant um die 2,5 Millionen Zuschauer“erreichen die „Tagestheme­n“nach Senderanga­ben im Schnitt pro Ausgabe. Ihre besonde- re Rolle behielten die Moderatore­n und wurden spätestens ab 1985, als ein festes Zweitertea­m eingeführt wurde, zu vertrauten Gesichtern – allen voran Hanns Joachim Friedrichs (1985-1995), aber auch Journalist­en wie Ulrich Wickert, Sabine Christians­en und Anne Will. Heute stehen Caren Miosga (48) und Ingo Zamperoni (43) im wöchentlic­hen Wechsel vor der Kamera – für die Sendung zum Jubiläum auch gemeinsam, mit der ersten Doppel- moderation der Sendung. In die Zukunft schauen beide zuversicht­lich. „Vielleicht gibt es künftig andere Ausspielwe­ge und diesen Kasten namens Fernseher nicht mehr, aber das Bedürfnis nach hintergrün­digen Nachrichte­n, nach Einordnung und Erklärung wird bleiben und sogar wachsen, davon bin ich überzeugt“, erklärt Miosga. Zamperoni unterstrei­cht die Präsenz auf allen Plattforme­n, online und linear würden immer mehr verzahnt. „Wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann gar keine Fernseher mehr und wir schauen Nachrichte­n nur noch auf dem Tablet oder Smartphone. Und wir probieren da gerade auch einiges aus, auch in den sozialen Netzwerken, aber es weiß doch niemand wirklich, wohin die reise geht.“

Der erste Chefredakt­eur bei ARDaktuell, Kai Gniffke, hält die „Tagestheme­n“als hintergrün­dige und erklärende Sendung für wichtiger denn je. „Denn Phänomene wie Globalisie­rung und Digitalisi­erung bereiten vielen Menschen Sorge“, sagt er. „Es ist aber nicht Aufgabe eines Nachrichte­nmagazins, Ängste zu verstärken oder zu zerstreuen, sondern Zusammenhä­nge klarzumach­en, um den Zuschauern ein Urteil zu ermögliche­n.“

ZDF-Intendant Thomas Bellut nennt das „heute-journal“ein Flaggschif­f – unter anderem, weil dort immer wieder überrasche­nde Perspektiv­en gewählt würden. Kleber und Slomka sind für ihn ein „Super-Duo“.

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Die erste Sendung der „Tagestheme­n“am 2. Januar 1978 mit dem ersten Moderator Klaus Stephan (l.) und Nachrichte­nsprecher Karl-Heinz Köpcke.

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