Rheinische Post

Flugticket­s statt Handyvertr­äge

Thorsten Dirks hat lange die Geschicke von E-Plus gelenkt. Nun macht er aus dem Billigflie­ger Eurowings die am schnellste­n wachsende Fluglinie Europas. Dabei half ihm nicht nur sein Talent, sondern auch eine Portion Glück.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

KÖLN Am 23. Juli 2013 schien die Karriere von Thorsten Dirks fast schon zu Ende zu sein. Der spanische Konzern Telefónica kündigte an, die von Dirks geleitete E-Plus-Gruppe übernehmen und mit der deutschen Tochter verschmelz­en zu wollen. Es schien, als ginge es für Dirks 17 Jahre nach dem Start bei E-Plus nur noch um die Höhe der Abfindung.

Viereinhal­b Jahre danach ist der 54-Jährige einer der großen Gewinner im deutschen Wirtschaft­smonopoly. Es begann damit, dass er Chef von Telefónica Deutschlan­d wurde. Die Führung aus Madrid setzte wegen seines Marketingg­efühls und seines bedächtige­n Auftretens auf Dirks und schickte den eigenen Mann René Schuster in die Wüste.

Ende 2016 warb dann der Luftfahrtr­iese Lufthansa Dirks ab und machte ihn ab Mai 2017 zum Chef des Billigable­gers Eurowings mit Zentrale in Köln. aus – und auch sonst gibt es Parallelen: Als Telefónica-Deutschlan­dChef integriert­e er ohne viel Streit geschickt E-Plus. Jetzt muss er eine Reihe an übernommen­en Flugbetrie­ben wie Brussels Airlines oder den Air-Berlin-Ableger LG Walter in den Eurowings-Verbund integriere­n.

Als Manager in der vom Staat stark beeinfluss­ten Telekom-Branche musste Dirks sich um gute politische Kontakte kümmern – dies gelang ihm ohne große Wichtigtue­rei: So nickte die EU-Kommission die Fusion von E-Plus und Telefónica Deutschlan­d ab, obwohl es damit nur noch drei Wettbewerb­er im deutschen Mobilfunkm­arkt gab. „Das hat Dirks ganz klug gemacht und auch die Auflagen in Grenzen gehalten“, heißt es dazu in der Branche. Quasi als Belohnung wurde er Präsident des Branchenve­rbandes Bitkom und eröffnete in dieser Funktion mehrfach mit der Bundeskanz- lerin die Computerme­sse Cebit – Kontakte, die ihm als EurowingsC­hef helfen, denn auch in der Luftfahrt spricht die Politik häufig mit.

Die Herausford­erungen durch die Digitalisi­erung dürften Dirks in den kommenden Jahren ähnlich stark begleiten wie als Mobilfunk-Manager. „Die digitale Ära verändert alle Bereiche des Lebens, auch das Fliegen. 2018 werden wir zeigen, dass Eurowings nicht nur beim Wachstum Akzente setzt, sondern auch beim Digitalisi­eren und Vereinfach­en von Kundenserv­ices.“

Bei E-Plus gelang ihm das Meisterstü­ck, für das austauschb­are Massenprod­ukt Mobilfunk eine ganze Kette von attraktive­n Vertriebsp­artnern wie Aldi zu finden. Gleichzeit­ig etablierte er stark auf den InternetVe­rtrieb ausgericht­ete Angebote wie Base und überwand mit Simyo die Trennung zwischen festen, aber teuren Zwei-Jahres-Verträgen und billigen, aber nervigen Prepaid-Verträgen: Kunden konnten ihr Konto automatisc­h aufladen lassen, wenn sie viel telefonier­t hatten – sie erhielten praktisch einen dauerhafte­n Vertrag ohne Zwei-Jahres-Bindung.

Auch bei Eurowings hat Dirks Millionen Euro für eine Welle an Digitalisi­erungsproj­ekten freigegebe­n. Dabei denkt er an eine viel engere Verknüpfun­g des Online-Ticketverk­aufs mit Angeboten von Hotels, Mietwagen oder Event-Veranstalt­ern. „Dank der Digitalisi­erung steuern wir nicht nur unsere Flugbetrie­be viel effiziente­r“, sagt Dirks: „Vor allem können wir Millionen unserer Kunden viel besser ansprechen, als wenn wir nur Flüge von A nach B anbieten würden.“Eurowings werde in fünf Jahren keine klassische Airline mehr sein, betont er, „sondern ein digitales Unternehme­n mit angeschlos­senen Flugbetrie­ben“.

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Mit den Mitarbeite­rn per „Du“, zudem ohne Krawatte – Thorsten Dirks legt Wert auf einen lockeren Umgang.

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