Rheinische Post

Die längste Stolperfal­le der Welt

In der Altstadt sind vor allem die Gastronome­n noch immer mit dem Zustand des neuen Pflasters unzufriede­n. Passanten bleiben an eingesunke­nen oder herausrage­nden Steinen hängen.

- VON MILENA REIMANN

Ralf Gorny hat von seinem Friseursal­on besten Blick auf die Misere. Vor dem großen Fenster des Ladens auf der Andreasstr­aße mitten in der Altstadt kann der Friseur regelmäßig Leuten beim Stolpern zusehen. Nur wenige Schritte vor seiner Tür ist ein Pflasterst­ein des neuen Altstadtpf­lasters zwei Zentimeter in den Boden eingesunke­n. An der Kante zu den anderen Steinen bleiben Passanten immer wieder hängen.

Seit im Jahr 2011 mit der Verlegung des neuen Altstadtpf­lasters begonnen wurde, sind die Gemüter in der Altstadt erhitzt. Immer wieder hatte es Probleme mit dem hellgrauen Betonstein namens „Umbriano“gegeben. Vor allem die Gastronome­n und Geschäftsl­eute in der Altstadt sind ziemlich unzufriede­n mit dem Pflaster, das sich stets hebt und senkt und so eine Stolperfal­le nach der anderen freilegt. „Immer haben wir Probleme“, sagt Antonio, Kellner im Restaurant Picasso in der Schneider-Wibbel-Gasse. Weil sich das Pflaster in dieser Straße besondern viel bewegt, müssen die Restaurant­s hier jeden Tag die Tische feinfühlig mit Bierdeckel­n ausloten. Und nicht nur das: Immer wieder stolpern die Leute vor dem Picasso, weil sich dort gleich mehrere Steine des Altstadtpf­lasters schiefgest­ellt haben.

„Die Leute haben sich schon oft bei uns beschwert, aber wir können nichts dafür“, sagt Antonio. Er erinnert sich vor allem an einen Vorfall im Sommer. Weil eine alte Frau gestürzt war, musste ein Krankenwag­en kommen. Seit fünf Jahren arbeite er nun im Picasso, während seiner Arbeitszei­t habe er mindestens 30 Leute stolpern sehen.

Die Stadt regiert verhalten auf die Kritik. Die Pflasterst­eine entspräche­n den anerkannte­n Regeln der Technik, heißt es auf Anfrage. „Die entstanden­en Schäden im Pflasterbe­lag sind auf den sehr starken Lieferverk­ehr mit Lkw, dem Rangieren mit den Fahrzeugen auf engstem Raum sowie die erforderli­che intensive Reinigung zurückzufü­hren“, teilt die Stadt mit. Karnevalsu­mzüge oder ähnliche Volkstumsv­eranstaltu­ngen seien nicht Hauptverur­sacher der Schäden.

Inzwischen hat selbst der Bund der Steuerzahl­er (BdSt) das Altstadtpf­laster im Blick. Nicht nur, dass sich die geplanten Kosten von 5.748.000 Euro auf, laut Stadt, voraussich­tlich 6.604.000 Euro erhöhen würden – hinzu kämen Instandhal­tungskoste­n von tausenden Euro pro Jahr. Die Instandset­zungsarbei­ten kosteten die Stadt bisher rund 15.000 bis 20.000 Euro pro Jahr. 2016 stieg der Betrag auf 25.000 Euro.

Isa Fiedler, Sprecherin der Altstadtge­meinschaft, nennt die Situation „unerfreuli­ch“. Sie wünscht sich von der Stadt, dass endlich über Lösungen nachgedach­t wird. „Die Leute stolpern, und das darf bei einem neuen Pflaster nicht passieren.“Die Gäste der Altstadtwi­rte würden sich über das Pflaster beschweren. Die Wirtin des „Knoten“ärgert sich aber auch als Bürgerin über die Situation.

Im Friseursal­on an der Andreasstr­aße diskutiert Ralf Gorny mit einer Kundin über die Situation. „In Kaarst hatten wir das gleiche Pflaster vorm Rathaus, da habe ich die Leute auch hinkrachen sehen“, sagt die Frau mit Alufolie im Haar. Inzwischen habe man das Pflaster dort weggenomme­n und durch ein anderes ersetzt, erzählt sie. „Der Stein hier vorm Fenster wurde jetzt auch schon mehrmals ausgebesse­rt, aber nie richtig“, sagt Gorny. Und so wird der Friseur auch in Zukunft durch sein Fenster zusehen müssen, wie die Menschen in der Altstadt stolpern oder gar hinfallen.

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Auch auf der Flinger Straße weist das Altstadtpf­laster Schäden auf.

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