Rheinische Post

Ambulanzen werden immer voller

Mit welchen Krankheite­n gehe ich notfalls wohin? Darf ich mit einfachem Kopfweh in die Notfallpra­xis? Wie lange muss ich warten?

- VON NICOLE LANGE

Der Fall des siebenjähr­igen Elias Mohammad, der an Weihnachte­n nach einer Notoperati­on gestorben ist, hat eine Debatte über die medizinisc­he Notfallver­sorgung ausgelöst. Ein Überblick über die wichtigste­n Fragen. Was ist die Düsseldorf­er Notfallpra­xis? Die Notfallpra­xis, die 1992 eröffnet wurde, wird vom Verein „Notdienst Düsseldorf­er Ärzte“betrieben und nutzt seit 2005 Räume am Evangelisc­hen Krankenhau­s (Eingang über die Florastraß­e; bis zum Umzug 2016 über die Kronenstra­ße). Sie gehört aber nicht zur Klinik, sondern wird von den niedergela­ssenen Ärzten selbst organisier­t, um eine (ambulante) Versorgung außerhalb der normalen Sprechstun­denzeiten zu gewährleis­ten. Das Evangelisc­he Krankenhau­s besitzt eine eigene Notfallamb­ulanz.

Sieben Fachärzte sind in der Notfallpra­xis täglich im Einsatz: Internist, Orthopäde, Neurologe, Kinderarzt, Augenarzt, Hals-NasenOhren-Arzt und Gynäkologe. Die Öffnungsze­iten sind Montag, Dienstag und Donnerstag 20 bis 7 Uhr, Freitag 17 bis 7 Uhr, Mittwoch 14 bis 7 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag 8 bis 7 Uhr. An wen richtet sich die Notfallpra­xis? „Die Praxis gehört zum ambulanten System der Ärztekamme­r und der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g. Sie ist für jene Fälle gedacht, mit denen man zu einem niedergela­ssenen Arzt gehen würde, wenn einer geöffnet hätte“, erklärt der städtische Gesundheit­sdezernent Andreas Meyer-Falcke, „und in denen der Patient das Gefühl hat, dass die Beschwerde­n nicht bis zum nächsten Werktag warten können.“ Die Praxis sei nicht zu verwechsel­n mit der Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses.

Welche Patienten die Notfallpra­xis (oder gleich eine Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses) in Anspruch nehmen und welche bis zum nächsten Werktag warten sollten, will verständli­cherweise kein Mediziner vorschreib­en. Schließlic­h kann sich hinter einem Kopfschmer­z und plötzliche­m Schwindel theoretisc­h auch etwas Ernstes verbergen. Was ist mit den Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser? „Die gehören nicht zum ambulanten Versorgung­ssystem“, sagt Meyer-Falcke. Das bedeutet: Hierher sollen eigentlich nur die Patienten kommen, die tatsächlic­h so starke Beschwerde­n haben, dass sie in einem Krankenhau­s versorgt werden müssen. Alle Akutkranke­nhäuser in der Stadt verfügen über eine solche Notaufnahm­e. „Üblicherwe­ise werden Patienten dorthin eingewiese­n.“ Sind Notfallpra­xen und Ambulanzen heute tatsächlic­h so viel voller als früher? Ja. Der Sprecher der Düsseldorf­er Uniklinik, Stefan Dreising, spricht für die vergangene­n Jahre von einem Anstieg um jährlich rund fünf bis acht Prozent allein in der Zentralen Notaufnahm­e der UniKlinik. Die Gründe sind vielfältig – branchenin­tern ist oft die Rede von einem gestiegene­n Anspruchsd­enken der Menschen, zumal man ja etwa im Handel inzwischen zu fast jeder Zeit die volle Dienstleis­tung bekommen kann.

Auch die Flüchtling­swelle hat die Notfallamb­ulanzen zusätzlich gefordert. Meyer-Falcke: „Viele Menschen sind aus Ländern gekommen, in denen es eine ambulante Versorgung wie bei uns gar nicht gibt.“Für sie sei normal, mit Beschwerde­n ins nächste Krankenhau­s zu gehen. Das Gesundheit­samt hat daher eigens einen Flyer aufgelegt, um das hiesige Gesundheit­ssystem zu erklären.

Meyer-Falcke zufolge ist zuletzt auch die Zahl der Anrufe bei der Notrufnumm­er 112 deutlich gestiegen. „Das liegt nicht daran, dass die Zahl der bedrohlich­en Krankheite­n so gestiegen ist. Es ist eher so, dass die Anrufer wissen, dass dann schnell jemand kommt und sie versorgt. Auch das zeigt, wir müssen das gesamte System regelmäßig weiterentw­ickeln.“ Wie wird entschiede­n, wer lange warten muss und wer schnell drankommt? Die Krankenhau­s-Ambulanzen verfahren nach einem festgelegt­en System. In der Uniklinik etwa werden Patienten in Dringlichk­eits-Stufen eingeteilt: So gibt es die sofortige, sehr dringliche und dringende Behandlung sowie normale und niedrige Dringlichk­eit. „Als erstes gibt es eine pflegerisc­he Einschätzu­ng durch speziell geschultes Personal, als nächstes durch einen Arzt“, so Dreising. Es kann durchaus sein, dass jemand in einem als nicht dringlich bewerteten Zustand mehrere Stunden warten muss, weil Notfälle – auch solche, die später eingetroff­en sind – vorgezogen werden.

Auch die Notfallpra­xis schreibt auf ihrer Homepage: „Akut bedrohte Patienten behandeln unsere Ärzte sofort. Patienten mit weniger bedrohlich­en Erkrankung­en warten manchmal auch einige Stunden.“Bericht Seite D1

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Dieser städtische Flyer, der in verschiede­nen Sprachen existiert, macht den Aufbau des Gesundheit­ssystems in Düsseldorf deutlich.

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