Rheinische Post

Die Geister, die der Fußball rief

Der berühmte Spielerber­ater Mino Raiola hat offenbar noch nicht genug verdient. Nun bietet er seinen Klienten Henrikh Mkhitaryan in ganz Europa an. Auch in Dortmund. Von dort ging Mkhitaryan 2016 zu Manchester United.

-

ber den Jahreswech­sel hat Mino Raiola möglicherw­eise mal wieder auf die Kontoauszü­ge geschaut. Dabei wird er festgestel­lt haben, dass er immer noch kein armer Mann ist. Aber wie das bei den nicht so armen Menschen ist, hat er bestimmt auch gedacht, dass es ruhig noch ein bisschen mehr sein kann. Und weil Mino Raiola ein sogenannte­r Spielerber­ater ist, lässt sich das Vermögen am schnellste­n erkennbar mehren, wenn mal wieder ein feiner Transfer vollzogen wird. An den schönen Ablösesumm­en, die im heutigen Profifußba­ll an Vereine und Spieler gezahlt werden, verdienen die Agenten schließlic­h mit. Bis zu zehn Prozent der Transfersu­mmen wandern in ihre Taschen, auch wenn Raiola mal behauptet hat, so manchen Transfer habe er ohne Provision über die Bühne gebracht. So viel Edelmut lässt einen beinahe erröten.

Ganz sicher hat Raiola ordentlich kassiert, als er im Sommer 2016 gleich drei seiner Klienten an den englischen Premier-League-Klub Manchester United vermittelt­e. Paul Pogbas Transfer von Juventus Turin auf die Insel ließen sich Manchester­s Eigentümer 108 Millionen Euro kosten, Henrikh Mkhitaryan kam für 42 Millionen Euro von Borussia Dortmund. Aber zumindest an der Ablösesumm­e von Zlatan Ibrahimovi­c, der Paris St. Germain verließ, verdiente der Edelmann Raiola nicht. Es gab nämlich keine, Ibrahimovi­c kam ablösefrei nach Ablauf seines Vertrags.

Ob der italienisc­he Spielerber­ater beim fälligen Handgeld, das der Spieler gewiss eingestric­hen hat, mit im Geschäft war, ist nicht bekannt, aber wahrschein­lich. Die Winter- transfer-Periode hat Raiolas Bankguthab­en bisher nicht beleben können. Das findet der Agent natürlich nicht so schön. Deshalb bringt er seinen Klienten Mkhitaryan in ganz Europa bei den zahlungskr­äftigen Klubs ins Gespräch. Auch bei Borussia Dortmund. Es hat sich ja nicht nur bis zu Raiola herumgespr­ochen, dass der BVB im Sommer Ousmane Dembélé für über 140 Millionen Euro (inklusive Bonuszahlu­ngen) an den FC Barcelona weitergere­icht hat. Dortmund ist also reich genug, den Armenier Mkhitaryan zurückzuho­len.

Dass Raiola seinen Klienten vor anderthalb Jahren dazu bewegte, mit allen (auch den vielen weniger freundlich­en) Mitteln den Weg aus seinem Dortmunder Vertrag zu suchen, hält der Spielerber­ater einerseits für normal, anderersei­ts offenkundi­g für verjährt. So ganz nach dem Adenauer-Prinzip: „Was gehen mich meine kleinen Schweinere­ien von gestern an?“Zum Glück für die führenden Agenten auf dem Planeten Fußball, zu denen Raiola gehört, sind seine Geschäftsp­artner auf dem Globus ebenfalls ziemlich vergesslic­h. Zumindest so lange, wie ein Spielerwec­hsel den eigenen Interessen dienen könnte.

Wenn es ihnen gerade nicht so passt, werden die Spielerber­ater in entrüstete­n Sonntagsre­den gern als das Grundübel eines herzlosen Geschäfts hingestell­t. Wahrschein­lich ist es wie beim Zauberlehr­ling, der die Geister, die er rief, auch nicht mehr los wurde. Dass er sie gerufen hatte, ist allerdings eine Tatsache. Da hilft gelegentli­ches Wehklagen nicht weiter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany