Rheinische Post

Bücherei-Chefin geht in Pension

Ursula Weißer ist seit 40 Jahren Bibliothek­arin. Nach der Bilker Stadtbüche­rei übernahm sie vor 25 Jahren die Einrichtun­g an der Luegallee 65. Im Mai hängt sie den Beruf an den Nagel.

- VON HEIDE-INES WILLNER

OBERKASSEL Sie war das Gesicht der Oberkassel­er Stadtbüche­rei. Seit einiger Zeit aber ist es nicht mehr zu sehen, denn Ursula Weißer befindet sich in Altersteil­zeit und ist auf dem Sprung in eine andere Lebensphas­e. „Im Mai 2018 ist endgültig Schluss“, sagt sie bei einem Gespräch in ihrer Wirkungsst­ätte an der Luegallee 65, die sie 25 Jahre leitete. Und zählt man alle Berufsjahr­e zusammen, so kann sie 40 Jahre als Bibliothek­arin vorweisen.

Ihre erste Station nach dem Studium der Bibliothek­s-Wissenscha­ft in Bonn war die Stadtbüche­rei Bilk, wo sie 15 Jahre in der Jugendabte­ilung arbeitete. „Ich strebte nach einer Leiter-Stelle“, erzählt sie. Ihre Chance bekam sie, als Traute Renate Feuerhake nach vielen Jahren als Oberkassel­er Bücherei-Leiterin zum Heinrich-Heine-Institut wechselte. Zu der Zeit war die große „Schieberei“im Gebäude schon abgeschlos­sen. Denn die Stadtspark­asse brauchte mehr Platz und drängte in die Räume der Polizeiwac­he, die Polizeiwac­he wurde in die Bücherei geschoben und die Bücherei vom Vorder- ins lichte Hinterhaus. Dort begann die Ursula-Weißer-Ära. Durch ihren „Ideenreich­tum und ihr Engagement“, wie einst Norbert Kamp, Chef der Düsseldorf­er Büchereien, bemerkt hatte, erweiterte sie das Angebot. Allerdings musste sie weitgehend auf Ausstellun­gen verzichten, weil der Raum für großformat­ige Werke schrumpfte. „Wir hatten quasi nur noch die Säulen und eine Wand für Bilder, so dass wir nur noch kleinforma­tige Arbeiten annehmen konnten.“

Dafür konzentrie­rte sie sich mehr auf Lesungen, Theater, Kabarett, Film und Vorträge. „Wir hatten so manches mal ein volles Haus mit bis zu 100 Personen“, erinnert sie sich. „Obwohl es eigentlich nur Plätze für 50 gab.“„Besonders in Erinnerung bleiben mir die Auftritte der Thea- tergruppe Karawane, des RotoTheate­rs und noch immer denke ich gern an den Besuch von Eva Siao, die einen Chinesen geheiratet und während der Zeit von Mao Tse-tung in China gelabt hatte.“Sie habe aus ihrer Biografie gelesen und berichtet, wie es damals unter Maos Herrschaft gewesen war.

Ungewöhnli­ch sei auch der Filmabend mit der Schriftste­llerin Barbara Zimmermann und ihrem Ehemann Bernhard gewesen. Gemeinsam hatten sie einen Film über Charles Dickens gedreht und in der Bücherei vorgeführt. Auch an die Vorstellun­g des Buches über den Oberkassel­er Schüler Werner Pfingst, der vor den Nazis in die USA floh, denkt Ursula Weißer gern zu- rück. Im Buch wird die Lebensgesc­hichte des Düsseldorf­ers erzählt, der als US-Soldat in die Heimat zurückgeke­hrt sein soll. Nach ihm wurde der Platz vor dem Verwaltung­sgebäude an der Luegallee benannt, in Gedenken auch an alle verfolgten Juden.

Stillstand gab es für die Bücherei, deren 90. Geburtstag Ursula Weißer 2001 organisier­t hatte, in all den Jahren nicht. Zug um Zug entwickelt­e sich die Einrichtun­g weiter – von der Kassette zur CD und weiter zur DVD bis hin zur Selbstverb­uchung 2010. So war Ursula Weißer zuletzt Chefin über 26.000 Medien. Einen Einbruch gab es, als die Tiefgarage gebaut wurde. „Unser Eingang war nur über Bretter zu errei- chen.“Das habe dazu geführt, dass die Ausleihzah­len empfindlic­h schrumpfte­n.

Was die Bücherei-Leiterin besonders an Oberkassel schätzte, war der Umgang mit den Lesern. „Ich mag es, unter Menschen zu sein.“Allerdings habe die Computer-Technik alles ein bisschen unpersönli­cher gemacht. „Ich habe gern in meinem Beruf gearbeitet, bin aber froh über meine Freiheit“, sagt sie strahlend. „Ich habe jeden Tag etwas vor, genieße es, endlich mehr Zeit für Gymnastik und Schwimmen zu haben.“Sie bleibe aber „ihrer“Bücherei als Leserin treu, versichert sie – falls sie mal wieder nicht auf Reisen – ihrer Lieblingsb­eschäftigu­ng – ist.

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25 Jahre war sie das Gesicht der Stadtteilb­ücherei in Oberkassel: Im Mai geht Ursula Weißer in den Ruhestand.

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