Rheinische Post

Kinder lernen programmie­ren

Vor mehr als einem Jahr hatte alles mit einem Programmie­rworkshop beim Girls Day begonnen. Daraus hat sich eine Initiative entwickelt, die eine Codingschu­le für Kinder und Jugendlich­e betreibt.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Es ist wie beim Lesen und Schreiben lernen: Am besten fängt man mit dem eigenen Namen an. Und genau da setzt auch die erste Aufgabe in der Codingschu­le an. „Um programmie­ren zu können, muss man zunächst den Binär-Code erlernen. Dieser besteht nur aus zwei Zahlen“, sagt Anna Roscina, während sie lauter Nullen und Einsen an die Kinder verteilt. Reiht man diese Zahlen in verschiede­nen Kombinatio­nen aneinander, ergeben sie nach den Regeln der Codierspra­che richtige Wörter. Um damit vertraut zu werden, müssen die zwölf Kinder zunächst mit den Zahlenkart­en ihre eigenen Namen legen. Nach der kurzen Theorie-Einführung geht es an den giftgrünen Computern im Oberbilker Kinderspie­ltreff auch schon an die Praxis.

„Ich glaub’, das muss da hin“, sagt Nikola zu seinem Freund und Tischnachb­arn Ilias, während er mit einem Finger auf den Bildschirm zeigt. Zwar blickt sein Kompagnon skeptisch, fügt dann aber doch das gezeigte Element mit seiner Maus an die richtige Stelle der Befehlsket­te. Drei Klicks später tanzt die codierte Strichfigu­r rhythmisch zur Musik. Zufrieden widmen die beiden Jungs sich schon der nächsten Aufgabe.

Dass die Neunjährig­en die Materie ohne Hilfestell­ung schon so gut beherrsche­n, findet nicht nur Roscina ungewöhnli­ch. Als Lehrerin der Düsseldorf­er Codingschu­le weiß sie nämlich, dass das nicht immer so schnell klappt. 2016 startete das Unternehme­n mit dem Ziel, Kindern und Jugendlich­en Zugang zur digitalen Bildung zu verschaffe­n. „Programmie­ren ist ein Wort, das für viele in dem Alter noch fremd ist. Das darf in der heutigen Zeit eigent- lich nicht mehr sein“, findet Roscina. Damit das aber verständli­ch für Kinder bleibt, müssen die Jungprogra­mmierer jedoch keine endlosen Zahlenreih­en bilden. Möglich macht dies der Mini-Computer „Raspberry Pi“. Er wurde 2012 von einer Stiftung in Großbritan­nien extra für die Vermittlun­g von Programmie­rkenntniss­en an Jugendlich­e entwickelt, und ist deshalb für junge Altersklas­sen besonders bedienungs­freundlich. Eine weitere Besonderhe­it: Er besteht quasi nur aus einer einzigen, handteller­gro- ßen Platine, die aber alle Eigenschaf­ten eines normalen Computersy­stems in sich vereint. Die Kinder üben sich dabei nicht nur im Umgang mit Computern, sondern lernen auch die Funktionsw­eise der Hardware kennen.

Neben einfachen Codierunge­n, die primär die Befehlsstr­uktur von Programmen veranschau­lichen sollen, können die Teilnehmer im Alter von neun bis 14 Jahren aber auch selbststän­dig kreativ werden. So kooperiert die Codingschu­le mit großen Spieleentw­icklern wie dem französisc­hen Unternehme­n „Ubisoft“. Gemeinsam mit den Experten der jeweiligen Firma können die Kinder dann in den mehrtägige­n „Hackathons“dabei ihre eigene Spielidee realisiere­n.

Für die beiden Computerfa­ns Ilias und Nikola ist aber auch das nichts Neues. Zusammen haben die beiden Neunjährig­en bereits ihr eigenes „Jump&Run“-Spiel entwickelt. „Ich werde als Ergänzungs­fach nach der sechsten Klasse auf jeden Fall Informatik wählen“, ist sich Ilias bereits sicher.

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Nikola (l.) und Ilias (beide 9) teilen sich einen Computer und codieren im Team.

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