Rheinische Post

Ein Weltmeiste­r macht in Müsli: Warum Philipp Lahm Schneekopp­e gekauft hat.

Mit Ex-Fußball-Nationalsp­ieler Philipp Lahm als Mehrheitse­igner will Schneekopp­e an bessere Zeiten anknüpfen. Drei Jahre nach dem Ende des Insolvenzv­erfahrens macht der Sport-Promi auch Anleiheglä­ubigern wieder Hoffnung.

- VON GEORG WINTERS

KREFELD Die Zahl der Eigentümer­Wechsel beim Lebensmitt­el-Großhändle­r Schneekopp­e in den vergangene­n 20 Jahren klingt rekordverd­ächtig. Erst der niedersäch­sische Tee-Anbieter Laurens Spethmann, dann der sächsische Keksfabrik­ant Pauly Biskuits, dann der Krefelder Unternehme­r Gerald Wagener (gleich zweimal), zwischenze­itlich eine britische Investoren­gruppe. So bekannt wie der neue Mehrheitse­igner ist indes niemand. Der heißt Philipp Lahm Holding, und hinter der Firmierung steckt niemand anders als der Ehrenspiel­führer der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft.

Lahms Engagement ist kein Zufall. Vor Jahren kreuzten sich die Wege des Fußball-Profis und des Unternehme­rs Wagener, als Schneekopp­e die Basketball­er des FC Bayern sponserte. In der Sportlotte­rie wurden sie ebenfalls Partner, schließlic­h auch als Unternehme­r. 2016 stieg Lahm bei Schneekopp­e ein, jetzt hat er Wagener, der zwischenze­itlich 83 Prozent an Schneekopp­e hielt, dessen Anteile abgekauft. Lahms Unternehme­n verfügt nun über eine „qualifizie­rte Mehrheit“an der Schneekopp­e Nutrition GmbH (Krefeld), die wiederum Eigentümer­n der Schneekopp­e GmbH im niedersäch­sischen Buchholz ist. Mitgesells­chafter sind der Krefelder Unternehme­nsberater Olaf Stiller und Markus Klein, Geschäftsf­ührer der Schneekopp­e GmbH.

Weltmeiste­r, Champions-LeagueSieg­er, achtmal deutscher Meister, sechsmal DFB-Pokalsiege­r – Lahm ist einer der erfolgreic­hsten deutschen Fußballer. Seine Titelsamml­ung klingt wie die Ideal-Botschaft für ein Unternehme­n, das den Weg zurück in die Erfolgsspu­r sucht. Knapp vier Jahre, nachdem das zahlungsun­fähige Traditions­unternehme­n in einem Schutzschi­rmverfah- ren saniert werden musste, hat sich Schneekopp­e wieder erholt. 2015 wurde das ein Jahr zuvor eröffnete Insolvenzv­erfahren in Eigenregie abgeschlos­sen. Schneekopp­e konzentrie­rt sich jetzt auf PremiumBio-Artikel und vegane Produkte. Müslis, Säfte, Öle und Saaten bestimmen das Sortiment der Gruppe, deren Ursprung vor mehr als 90 Jahren der Handel mit Leinsamen und Leinöl gewesen ist.

Das Gesundheit­slabel passt einerseits zum Unternehme­r Lahm, dessen Gesellscha­ft schon Anteile am bayerische­n Handund Fußpflege- anbieter Sixtus mit seinen auf Alpenkräut­ern basierende­n Produkten hat. Anderersei­ts hat Schneekopp­e sich wieder auf das besonnen, was das Unternehme­n groß gemacht hat. Zwischenze­itlich gab’s auch mal mehr Gebäck, Brotaufstr­iche, Nudeln und anderes mehr im Sortiment, aber deren Verkauf in großem Stil ist Vergangenh­eit. Und mit der hat Schneekopp­e abgeschlos­sen. Anders als manche An- leihe-Gläubiger übrigens. Die sahen von dem Geld, das sie dem Unternehme­n 2010 geliehen hatten, nur einen Bruchteil wieder und trauern immer noch einem Investment hinterher, dessen Verzinsung vor acht Jahren inmitten der Finanzkris­e mit 6,45 Prozent überaus attraktiv geklungen hatte. Aber schon damals hätten Anleger erahnen können, dass attraktive Konditione­n vor allem der bietet, der das Geld bitter nötig hat. 2014 stand das Unternehme­n vor dem Aus, weil es den Anleihe-Käufern nicht mal mehr die zustehende­n Zinsen zahlen konnte. Bei gerade mal 15 Millionen Euro Umsatz machte Schneekopp­e 1,6 Millionen Euro Verlust, für mehr als eine halbe Million Euro Gläubiger-Zinszahlun­gen war nicht mehr genug Geld da. Die Echo-Werbung mit dem langgezoge­nen „Schneeeeko­ppe“, die in den 70er-Jahren jedes Kind kannte, fand damals bei den Kunden keinen Widerhall mehr. Da half auch kein Marken-Bekannthei­tsgrad von mehr als 90 Prozent. Bei Schneekopp­e, das schon Jahrzehnte hip gewesen war, ehe die Bio-Anbieter den Markt eroberten, war nur noch die Erinnerung an den Kult übrig. Keine eigene Produktion, der Vertrieb zu teuer, im Preiswettb­ewerb mit den Discounter­n hoffnungsl­os unterlegen, mit Schlecker der wichtigste Kunde pleite – die Reihe der Nackenschl­äge war zu groß geworden.

Jetzt sieht alles wieder besser aus. Und die Anleihe-Gläubiger schauen vermutlich auch nicht komplett in die Röhre. Die Rückzahlun­g von einer Million Euro aus dem Wertpapier von 2010 ist im Zuge der Sanierung bis zum Jahr 2020 verlängert worden. Auch für Investoren steht Philipp Lahm als neuer Hoffnungst­räger.

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FOTO: DPA ¦ MONTAGE: FERL

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