Grippeimpfstoff wirkt nur schwach
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt statt des aktuellen Dreifachimpfstoffs einen wirksameren Schutz. Der ist jedoch teurer und wird nicht automatisch von den Krankenkassen bezahlt.
DÜSSELDORF Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat ihre Empfehlungen zur Grippeimpfung präzisiert und rät, gegen die saisonale Influenza einen Vierfach- statt den üblichen Dreifachimpfstoff zu verwenden. Der Dreifachimpfstoff wirke aktuell eher bedingt, sagte Marieke Degen vom RKI. Bisher sei mehr als die Hälfte der Influenza-Erkrankungen durch die Viren des Typs B der sogenannten Yamagata-Linie verursacht worden. Diese Viren decke der Dreifachimpfstoff nicht ab, erklärte Degen. Effektiver ist der Schutz mit einem Vierfachimpfstoff, der im Vergleich zur Dreier-Variante einen zusätzlichen Bestandteil eben gegen jene Influenza-B-Viren der Yamagata-Linie enthält.
Die A-Viren, die vom Impfstoff in Dreifachform abgedeckt sind, machen bislang knapp 40 Prozent der Fälle aus. Ihr Anteil kann sich in dieser Saison auch noch verändern. Degen: „Die Yamagata-Linie, die im Dreifachimpfstoff fehlt, war im Dreifachimpfstoff der Saison 2015/ 16 enthalten.“Wer sich also regelmäßig jedes Jahr gegen die Grippe habe impfen lassen, sei möglicherweise geschützt.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Dreifachimpfung für Personen, denen das RKI eine Grippeimpfung empfiehlt – etwa Senioren, Schwangeren, Menschen mit chronischen Krankheiten oder Personal in Kliniken und Pflegeheimen. Der teurere Vierfach-Schutz war zuletzt keine einheitlich geregelte Kassenleistung.
Die Empfehlung des RKI, künftig ausschließlich den wirksameren Vierfachimpfstoff zu verwenden, liegt nun beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), der den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt. Für eine Anpassung der Schutzimpfungs-Richtlinien der Krankenkassen hat der GBA drei Monate Zeit. Folgt er der Empfehlung des RKI, wird die Vierfach-Grippeimpfung für die entsprechenden Risikogruppen ab der Saison 2018/19 für die gesetzlichen Kassen Pflicht. Einige Kassen haben jedoch jetzt schon den wirksameren Schutz in ihr Leistungsportfolio aufgenommen, da- runter die Barmer, die BIG und die AOK Rheinland/Hamburg.
Bei Menschen, die sich noch nicht gegen die Grippe haben impfen lassen, ist das Immunisieren mit dem Vierfachimpfstoff laut RKI jetzt noch sinnvoll. Wer bereits einen Dreifachimpfstoff erhalten hat, sollte sich aber nicht generell noch einmal nachimpfen lassen. Einzig Hochrisikopatienten sollten dies mit ihrem Arzt abklären. Die jährliche Influenzawelle hat in den vergangenen Jahren meist nach der Jahreswende begonnen – mit Ausnahme der SchweinegrippePandemie 2009 – und dauerte drei bis vier Monate. Seit Anfang Oktober 2017 wurden dem RKI 6433 laborbestätigte Influenzafälle übermittelt. Insgesamt erkranken während einer Grippewelle hierzulande zwischen zwei und zehn Millionen Menschen, von denen jedoch nicht alle getestet werden.
Nach der Impfung dauert es zehn bis 14 Tage, bis der Impfschutz aufgebaut ist. Für einen rechtzeitigen Schutz empfiehlt das RKI, sich bereits in den Monaten Oktober oder November impfen zu lassen. Die Schutzwirkung einer Grippeimpfung ist grundsätzlich nicht so hoch wie bei anderen Impfungen. „Eine Grippeimpfung hat bei älteren Menschen eine Wirksamkeit von etwa 40 bis 60 Prozent. Es gibt aber auch Jahre, in denen die Schutzwirkung noch geringer ausfällt, weil die Zusammensetzung des Impfstoffs nicht gut zu den zirkulierenden Viren passt“, sagte RKI-Expertin Degen. Das ist in dieser Saison der Fall.
Wieder haben wir ein Impfproblem, aber diesmal geht es nicht vom Volk aus (wie bei den Masern), sondern von den Viren selbst: Abermals verwandeln sie sich zu schnell, reisen unberechenbar durch die Welt, und die Potenz ihrer Stämme und Abkömmlinge ist schlecht zu übersehen. Wenn ein MehrfachImpfstoff im Frühjahr entwickelt wird, kann es sein, dass er neun Monate später längst nicht so gut wirkt wie erhofft. Das ist jetzt der Fall.
Wer beklagt, dass nicht alle Impflinge den (besseren) Vierfach-Impfstoff bekommen haben, der verkennt, dass diese Version teurer und zunächst für Risikopatienten gedacht ist. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Grippeimpfung eine ebenso hohe Immunisierung erreicht wie andere Impfungen. Aber das wird nie gelingen; man schätzt, dass generell nur 40 bis 60 Prozent der Geimpften gegen Influenza gefeit sind. Solche Quoten sind aber immer noch besser als die bei den Briten. Leider auch wenig bekannt ist, dass Menschen, die sich regelmäßig gegen Grippe impfen lassen, sozusagen in der Summe einen höheren Schutz besitzen als solche, die sich mal piksen lassen und mal nicht. Etwas mehr Aufklärung von Amts wegen wäre hilfreich.