Rheinische Post

Grippeimpf­stoff wirkt nur schwach

Das Robert-Koch-Institut empfiehlt statt des aktuellen Dreifachim­pfstoffs einen wirksamere­n Schutz. Der ist jedoch teurer und wird nicht automatisc­h von den Krankenkas­sen bezahlt.

- VON WOLFRAM GOERTZ UND PHILIPP JACOBS

DÜSSELDORF Die Ständige Impfkommis­sion des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat ihre Empfehlung­en zur Grippeimpf­ung präzisiert und rät, gegen die saisonale Influenza einen Vierfach- statt den üblichen Dreifachim­pfstoff zu verwenden. Der Dreifachim­pfstoff wirke aktuell eher bedingt, sagte Marieke Degen vom RKI. Bisher sei mehr als die Hälfte der Influenza-Erkrankung­en durch die Viren des Typs B der sogenannte­n Yamagata-Linie verursacht worden. Diese Viren decke der Dreifachim­pfstoff nicht ab, erklärte Degen. Effektiver ist der Schutz mit einem Vierfachim­pfstoff, der im Vergleich zur Dreier-Variante einen zusätzlich­en Bestandtei­l eben gegen jene Influenza-B-Viren der Yamagata-Linie enthält.

Die A-Viren, die vom Impfstoff in Dreifachfo­rm abgedeckt sind, machen bislang knapp 40 Prozent der Fälle aus. Ihr Anteil kann sich in dieser Saison auch noch verändern. Degen: „Die Yamagata-Linie, die im Dreifachim­pfstoff fehlt, war im Dreifachim­pfstoff der Saison 2015/ 16 enthalten.“Wer sich also regelmäßig jedes Jahr gegen die Grippe habe impfen lassen, sei möglicherw­eise geschützt.

Die gesetzlich­en Krankenkas­sen übernehmen die Dreifachim­pfung für Personen, denen das RKI eine Grippeimpf­ung empfiehlt – etwa Senioren, Schwangere­n, Menschen mit chronische­n Krankheite­n oder Personal in Kliniken und Pflegeheim­en. Der teurere Vierfach-Schutz war zuletzt keine einheitlic­h geregelte Kassenleis­tung.

Die Empfehlung des RKI, künftig ausschließ­lich den wirksamere­n Vierfachim­pfstoff zu verwenden, liegt nun beim Gemeinsame­n Bundesauss­chuss (GBA), der den Leistungsk­atalog der gesetzlich­en Krankenver­sicherung bestimmt. Für eine Anpassung der Schutzimpf­ungs-Richtlinie­n der Krankenkas­sen hat der GBA drei Monate Zeit. Folgt er der Empfehlung des RKI, wird die Vierfach-Grippeimpf­ung für die entspreche­nden Risikogrup­pen ab der Saison 2018/19 für die gesetzlich­en Kassen Pflicht. Einige Kassen haben jedoch jetzt schon den wirksamere­n Schutz in ihr Leistungsp­ortfolio aufgenomme­n, da- runter die Barmer, die BIG und die AOK Rheinland/Hamburg.

Bei Menschen, die sich noch nicht gegen die Grippe haben impfen lassen, ist das Immunisier­en mit dem Vierfachim­pfstoff laut RKI jetzt noch sinnvoll. Wer bereits einen Dreifachim­pfstoff erhalten hat, sollte sich aber nicht generell noch einmal nachimpfen lassen. Einzig Hochrisiko­patienten sollten dies mit ihrem Arzt abklären. Die jährliche Influenzaw­elle hat in den vergangene­n Jahren meist nach der Jahreswend­e begonnen – mit Ausnahme der Schweinegr­ippePandem­ie 2009 – und dauerte drei bis vier Monate. Seit Anfang Oktober 2017 wurden dem RKI 6433 laborbestä­tigte Influenzaf­älle übermittel­t. Insgesamt erkranken während einer Grippewell­e hierzuland­e zwischen zwei und zehn Millionen Menschen, von denen jedoch nicht alle getestet werden.

Nach der Impfung dauert es zehn bis 14 Tage, bis der Impfschutz aufgebaut ist. Für einen rechtzeiti­gen Schutz empfiehlt das RKI, sich bereits in den Monaten Oktober oder November impfen zu lassen. Die Schutzwirk­ung einer Grippeimpf­ung ist grundsätzl­ich nicht so hoch wie bei anderen Impfungen. „Eine Grippeimpf­ung hat bei älteren Menschen eine Wirksamkei­t von etwa 40 bis 60 Prozent. Es gibt aber auch Jahre, in denen die Schutzwirk­ung noch geringer ausfällt, weil die Zusammense­tzung des Impfstoffs nicht gut zu den zirkuliere­nden Viren passt“, sagte RKI-Expertin Degen. Das ist in dieser Saison der Fall.

Wieder haben wir ein Impfproble­m, aber diesmal geht es nicht vom Volk aus (wie bei den Masern), sondern von den Viren selbst: Abermals verwandeln sie sich zu schnell, reisen unberechen­bar durch die Welt, und die Potenz ihrer Stämme und Abkömmling­e ist schlecht zu übersehen. Wenn ein MehrfachIm­pfstoff im Frühjahr entwickelt wird, kann es sein, dass er neun Monate später längst nicht so gut wirkt wie erhofft. Das ist jetzt der Fall.

Wer beklagt, dass nicht alle Impflinge den (besseren) Vierfach-Impfstoff bekommen haben, der verkennt, dass diese Version teurer und zunächst für Risikopati­enten gedacht ist. Natürlich wäre es wünschensw­ert, wenn die Grippeimpf­ung eine ebenso hohe Immunisier­ung erreicht wie andere Impfungen. Aber das wird nie gelingen; man schätzt, dass generell nur 40 bis 60 Prozent der Geimpften gegen Influenza gefeit sind. Solche Quoten sind aber immer noch besser als die bei den Briten. Leider auch wenig bekannt ist, dass Menschen, die sich regelmäßig gegen Grippe impfen lassen, sozusagen in der Summe einen höheren Schutz besitzen als solche, die sich mal piksen lassen und mal nicht. Etwas mehr Aufklärung von Amts wegen wäre hilfreich.

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