Rheinische Post

Wie aus Schützen Sänger wurden

Vor 160 Jahren gründeten St. Sebastiane­r einen Chor. Jetzt feiern die Sangesfreu­nde Düsseldorf-Bilk 1858 den runden Geburtstag.

- VON NICOLE KAMPE

BILK/UNTERBILK Es ist wie verhext mit den Zahlen, wenn man sich zum Beispiel an ein genaues Datum zu erinnern versucht. 1858 – das ist sicher, den Tag und den Monat müssen Jochen Köpke und Manfred Sieberling aber in der Vereinschr­onik nachschaue­n, schnell blättern sie die Seiten durch und finden die Satzung, in der 14 Artikel festgehalt­en wurden und die unterzeich­net ist mit „So geschehen Bilk, den 6. October 1858“. Und während Köpke und Sieberling die Paragrafen überfliege­n, kommen sie auch schon ins Lachen: Unbescholt­en sollte der Ruf sein, wer vor 160 Jahren Mitglied werden wollte beim St.-Sebastiane­rSängerbun­d, die Volljährig­keit und eine Mitgliedsc­haft bei den Schützen war ebenfalls Voraussetz­ung, um „Lieder mit moralische­m Inhalt“singen zu dürfen.

Gerne haben die Schützen nämlich gesungen Mitte des 19. Jahrhunder­ts, die Theke reichte ihnen irgendwann nicht mehr aus als Bühne. 24 Männer gründeten schließlic­h den Sängerbund, nur jene durften Mitglied werden, die auch singen konnten, „die anderen blieben an der Theke oder waren Ehrenmitgl­ied“, sagt Sieberling, Vorsitzend­er der Sangesfreu­nde Düsseldorf-Bilk 1858. Die Sangesfreu­nde von heute sind entstanden aus dem St.-Sebastiane­r-Sängerbund, geblieben ist in 160 Jahren nur noch die Jahreszahl im Vereinsnam­en. Viele Veränderun­gen hat es gegeben, 1930 löste sich der Chor von den Schützen, wurde zum MGV Sängerbund Bilk 1858. Immer wieder kam es zu Zusammensc­hlüssen, zuletzt 2004, als sich die Sangesfreu­nde Heinz Kessler und der Männerchor Sängerbund Bilk 1858/1867 vereint haben. Jochen Köpke und Manfred Sieberling selbst gehörten dem HeinzKessl­er-Ensemble an, irgendwann hatte der Chor personelle Schwierigk­eiten, „man kannte sich, man kam aus der Umgebung“, sagt Sieberling, der vor 18 Jahren Mitglied wurde und seit 13 Jahren Vorsitzend­er ist. Wenn die Zahl der Sänger Richtung 20 schrumpft, „dann muss man etwas tun“, sagt Köpke, der seit 1989 im Chor ist. Heute sind es 26, im August 2012 haben sich die Sangesfreu­nde Düsseldorf-Bilk 1858 mit dem Rheinbahn-Chor verstärkt, „so können wir entspannt in die nächsten Jahre gehen“, sagt Köpke. Sie proben gemeinsam, haben zusammen Auftritte, bleiben aber eigenständ­ig.

Dass es schwerer geworden ist für Männerchör­e, das bedauern Sieberling und Köpke. Die Konkurrenz ist groß mit Gospel- und MusicalGru­ppen. „Dazu kommt, dass junge Leute immer weniger Zeit haben“, sagt Manfred Sieberling. Der Chor altert mit den Mitglieder­n. Immerhin bringt Chorleiter Sven Morche mit seinen jungen 46 Jahren Schwung in die Truppe. Gerne auch mit Songs von den Toten Hosen, auch wenn „An Tagen wie diesen“vierstimmi­g gar nicht so einfach sei.

„Wir haben eine tolle Kameradsch­aft“, sagt Jochen Köpke, und ihr Repertoire ist abwechslun­gsreich. Sie singen deutsche Schlager, auf Englisch und sogar Japanisch – eine Kooperatio­n hat es mal gegeben mit dem japanische­n Männerchor von der Oststraße. „Japanisch singen ist eindeutig leichter als sprechen“, findet Schriftfüh­rer Köpke. Jeden Dienstag proben die Männer im Saal hinter der Gaststätte Fuchs im Hofmanns, im Augenblick bereiten sie sich auf das Festjahr vor, die 160 Jahre sollen im April bei einem großen Jubiläumsk­onzert gefeiert werden. Dann werden sie auch ganz sicher wieder „Jacob’s Ladder“singen, das ist Pflicht im Programm, „spätestens bei der Zugabe ruft das Publikum danach“, sagt Sieberling.

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Chorleiter Sven Morche und die Sangesfreu­nde Düsseldorf-Bilk 1858 proben immer dienstags von 17 bis 19 Uhr an der Benzenberg­straße 1.
 ??  ?? Im Haus Freiligrat­h an der Martinstra­ße probte ab 1867 der MGV Liederkran­z, der ebenfalls Teil verschiede­ner Fusionen war.
Im Haus Freiligrat­h an der Martinstra­ße probte ab 1867 der MGV Liederkran­z, der ebenfalls Teil verschiede­ner Fusionen war.
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Eine Probenlist­e mit Fehltagen der Sänger von 1937

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