Rheinische Post

Stadt schiebt keine Afghanen ab

Heute sollen 80 Menschen nach Afghanista­n geflogen werden. Bundesweit rufen Flüchtling­sinitiativ­en zu Protesten gegen die Sammelabsc­hiebung am Düsseldorf­er Flughafen auf. In Düsseldorf lebende Afghanen sind nicht betroffen.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Heute sollen 80 Menschen nach Afghanista­n geflogen werden. Bundesweit rufen Flüchtling­sinitiativ­en zu Protesten gegen die Sammelabsc­hiebung am Flughafen auf. In Düsseldorf lebende Afghanen sind nicht betroffen.

Zum zweiten Mal seit September startet heute am Düsseldorf­er Flughafen eine Sammelabsc­hiebung nach Afghanista­n. Unter den 80 Menschen, die aus mehreren Bundesländ­ern nach Düsseldorf gebracht werden, soll auch ein junger Mann sein, dem wegen einer außereheli­chen Liebesbezi­ehung in Afghanista­n die Todesstraf­e droht. Das erklärt die Bundestags­abgeordnet­e der Linksparte­i, Ulla Jelpke, die gestern mit verschiede­nen Flüchtling­sinitiativ­en zum Protest gegen die Abschiebun­g in ein Kriegsgebi­et aufrief.

„Afghanista­n ist nicht sicher“, sagt auch Oliver Ongaro von der Düsseldorf­er Flüchtling­sinitiativ­e Stay, die Demos am Hauptbahnh­of und am Flughafen angemeldet hat. Er kritisiert, dass auch in Düsseldorf Familien aus Afghanista­n Ausreiseve­rfügungen erhalten hätten. Abgeschobe­n werden diese aber nicht, versichert die Düsseldorf­er Flüchtling­sbeauftrag­te Miriam Koch, zu deren neu geschaffen­em Amt für Integratio­n auch die Ausländerb­ehörde der Stadt gehört. „Wir schreiben jeden an, der nach Entscheidu­ng des Bamf oder eines Gerichts ausreisepf­lichtig wird“, erklärt Koch das Verfahren. „Dann wird im Gespräch geklärt, ob es Ausreisehe­mmnisse – etwa gesundheit­liche – gibt oder ob die Betroffene­n von der Möglichkei­t der freiwillig­en Ausreise Gebrauch machen wollen. Einfach verfügen und abschieben – das machen wir nicht.“

So wie im Fall der Garather Familie Teymouri, die im März eine Abschiebev­erfügung nach Afghanista­n erhielt. Die Anwältin der Familie, die Anfang 2016 vor den Taliban floh, hat dagegen Klage eingereich­t. Lehrer und Mitschüler des 17-jährigen Sohnes, der in die zehnte Klasse der Fritz-Henkel-Schule geht und gern eine Ausbildung machen wür- de, wollen mit einer Online-Petition ein Bleiberech­t für die Familie erwirken.

Weder bei der heutigen noch bei der Sammelabsc­hiebung im September seien Betroffene aus Düsseldorf, sagt Miriam Koch. „Wir schieben zurzeit nicht nach Afghanista­n ab.“Der „Ausreisebe­reich“ihres Amtes, das zum 1. Januar neu geschaffen wurde, habe ohnehin viel zu tun. Weil das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) inzwischen seine Rückstände aufgeholt und über sehr viele Fälle entschiede­n hat, sind nun die kommunalen Behörden unter Druck. Koch rechnet damit, dass zu den bereits bestehende­n Ausreiseve­rfügungen in diesem Jahr noch 2000 hinzukomme­n. Wie groß der Bestand ist, versucht das Amt gerade erst zu ermitteln. „Das ist bislang nicht statistisc­h darstellba­r, zumal es auch eine Vielzahl von Fällen gibt, in denen die Ausreisepf­licht durch Duldungen aufgeschob­en wurde. Aber wir arbeiten daran“, sagt Koch.

Vor einem Jahr hatte Polizeiprä­sident Norbert Wesseler die Zahl der ausreisepf­lichtigen Straftäter mit 1000 bis 1200 beziffert. Tatsächlic­h abgeschobe­n hat die Stadt im vergangene­n Jahr aber nur 159 Personen, darunter nicht nur Straftäter, sondern auch Asylbewerb­er, deren Anträge rechtskräf­tig abgelehnt worden sind. Grund dafür ist vor allem die schwierige Dokumenten­Lage. Gerade die reisenden Kriminelle­n kommen oft mit falschen Papieren ins Land. Voriges Jahr wurde in der Altstadt ein Nordafrika­ner festgenomm­en, der mit 14 verschiede­nen Identitäte­n unterwegs war. Seit kurzem soll eine Kooperatio­n zwischen Kripo und Ausländera­mt sicherstel­len, dass so genannte Intensivtä­ter, die serienweis­e Straftaten begehen, konsequent abgeschobe­n werden, in dem die notwendige­n Papiere bereits beschafft werden, bevor eine Verfügung ergeht. Kommentar Seite D2

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FOTO: DPA Sammelabsc­hiebung vom Düsseldorf­er Flughafen nach Afghanista­n im vergangene­n September: Nach Angaben der Bundesregi­erung waren die Abgeschobe­nen hauptsächl­ich verurteilt­e Straftäter und abgelehnte Asylbewerb­er, die jegliche Kooperatio­n mit den Behörden...

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