Rheinische Post

Schwere Zeiten für Diesel-Fahrer

Die Umwelthilf­e will Volkswagen-Pkw in Düsseldorf stilllegen lassen. Und bald steht die Entscheidu­ng über ein kommunales Fahrverbot bevor. Die Stadt ist Schauplatz eines Stellvertr­eter-Konflikts.

- VON ARNE LIEB

Die Umwelthilf­e will VW-Diesel in Düsseldorf stilllegen lassen. Die Stadt ist Schauplatz eines Stellvertr­eter-Konflikts.

Nun soll also die Düsseldorf­er Stadtverwa­ltung erledigen, was die Bundesregi­erung nicht tut. Die Umwelthilf­e will das Straßenver­kehrsamt dazu zwingen, die örtlichen VW-Modelle mit dem Motorentyp EA 189 aus dem Verkehr zu ziehen, jene Autos, die mit einer Software ihre Abgaswerte tarnen sollten. Es sind laut Stadt rund 600 Autos.

Aus Sicht der Umwelthilf­e ist die Betriebser­laubnis erloschen, seit die Manipulati­on aufgefloge­n ist – und bekannt wurde, dass sie erheblich mehr Stickoxide ausstoßen, als der Abgas-Standard Euro 5 zulässt. Betroffen sind junge Modelle mit Baujahr 2007 bis 2015. Für die Eigentümer wäre das ein herber Schlag, trotz möglicher Entschädig­ung durch Volkswagen.

Klar ist: Auch wenn das Verwaltung­sgericht der Klage stattgibt, muss niemand sein Auto am Mittwoch stilllegen. Wegen der Tragweite der Entscheidu­ng würde das Ver- fahren durch die Instanzen gehen. Ernst zu nehmen ist der Fall aber durchaus, keiner möchte in diesen Zeiten auf die Entscheidu­ng der Richter wetten. Denn die Umwelthilf­e kennt ihre Rechte: Es handelt sich um jene klagefreud­igen Naturschüt­zer, die vor dem Düsseldorf­er Verwaltung­sgericht schon das wegweisend­e Urteil zu Diesel-Fahrverbot­en erwirkt haben. Über diese Klage wird wohl am 22. Februar höchstinst­anzlich entschiede­n – dann könnte im Sommer das Verbot in der Innenstadt kommen.

Natürlich geht es in beiden Fällen nicht in erster Linie um die Lage in der NRW-Landeshaup­tstadt, auch wenn das die örtlichen Volkswagen­Fahrer nicht trösten wird. In Düsseldorf sind die Diesel nicht schmutzige­r als anderswo. Auch die zu hohen Stickoxid-Werte an Hauptverke­hrsstraßen, um die es geht, gibt es in etlichen anderen Städten.

Letztlich ist es ein Stellvertr­eterkonfli­kt: Die Umwelthilf­e hat die Kommunen als Angriffszi­el ausge- macht, weil sie in der Auseinande­rsetzung mit Bundesregi­erung und Autokonzer­nen nicht ans Ziel kommt. Berlin hat bislang keine Antwort darauf gegeben, dass die Messwerte quer durchs Land über der gesetzlich­en Grenze liegen. Jetzt pocht die Umwelthilf­e darauf, dass einzelne Städte tätig werden. Sie setzt auf Masse: Die Organisati­on hat die Klage zu den VW auch in neun anderen Städten gestellt.

Dass sie in Düsseldorf zuerst verhandelt wird, liegt schlicht am Terminplan des Gerichts. Bessere Chancen werden die Kläger hier nicht haben, selbst wenn Richter an der Bastionstr­aße einmal in ihrem Sinne entschiede­n haben: Diesmal entscheide­t eine andere Kammer.

Der Druck durch die Gerichte führt in Düsseldorf zu einer absurden Situation. Die Stadt muss eine Regelung vorbereite­n, die sie selbst – genau wie Handel, Handwerk und eine breite politische Mehrheit – für Unsinn hält. Es herrscht Einvernehm­en, dass ein lokales Diesel-Verbot kaum umsetz- und nicht vermittelb­ar ist. Wie sollen Polizei und Ordnungsam­t die Autos erkennen? Wie lassen sich Ausnahmen festlegen? Und was wäre der Effekt? Falls Pendler in Massen auf Benziner umsteigen, ändert sich nur der Schadstoff-Cocktail. Und eine Stilllegun­g von VW, die in der Nachbarsta­dt betrieben werden dürften, würde ebenfalls nicht das Vertrauen in den Rechtsstaa­t stärken.

Absurd ist die Situation auch in einer weiteren Hinsicht: Das drohende Verbot hat die Debatte um saubereren Verkehr angekurbel­t – das ist gut. Noch nie wurde so viel von EAutos und ÖPNV-Ausbau geredet. Bis solche Entwicklun­gen wirken, vergehen aber Jahre. So viel Zeit bleibt nicht: Als Sofortmaßn­ahme bliebe nur, die Diesel auszusperr­en.

Letztlich sind sich die lokalen Akteure und die Umwelthilf­e in einer Ansicht einig: Die Lösung müsste in Berlin getroffen werden. Wenn das nicht passiert, droht Düsseldorf und seinen Dieseln ein hartes Jahr.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Das Landesumwe­ltamt misst an der Corneliuss­traße häufig zu hohe Stickoxid-Werte. Das wollen Umweltschü­tzer nicht hinnehmen.

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