Rheinische Post

Die schwierige­n Gespräche und der „blöde Dobrindt“

In der Union lehnen viele Nachbesser­ungen des Sondierung­spapiers ab. Dabei beginnen jetzt erst die richtigen Verhandlun­gen.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Über Andrea Nahles verliert Alexander Dobrindt kein böses Wort. Die SPD-Fraktionsc­hefin steht bei dem CSU-Landesgrup­penchef hoch im Kurs. So hoch, dass manch einer dahinter schon wieder eine Gemeinheit wittert. Denn Kompliment­e von jemandem wie Dobrindt, der inzwischen nicht nur für die Grünen, sondern auch für Sozialdemo­kraten zum Schreckges­penst geworden ist, gelten erst einmal als vergiftet. Über Nahles sagt der Christsozi­ale, der die Kritik in der SPD an den Sondierung­sergebniss­en als „Zwergenauf­stand“bezeichnet hatte, sie gebe die „beste Figur“bei der SPD ab. Er zeigte sich vor dem Parteitag der Sozialdemo­kraten sicher, dass es Nahles sein werde, die für die Zustimmung ihrer Partei sorgen werde.

Es war dann tatsächlic­h nicht SPD-Chef Martin Schulz, sondern Nahles, die mit anderen prominente­n Parteifreu­ndinnen die (knappe) Mehrheit der Delegierte­n für die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen sicherte. Die wortgewalt­ige Nahles machte aber noch etwas an- deres: Sie zog über den „blöden Dobrindt“her.

Während der Sondierung­sgespräche­n hatte Dobrindt selbst Hessens CDU-Ministerpr­äsidenten Volker Bouffier düpiert, als er ohne ihn Vereinbaru­ngen mit der SPD zur Migration aushandeln wollte. Dobrindt stichelt, taktiert, spielt andere aus, heißt es in Unionskrei­sen. Dabei sei nicht klar, ob er es darauf anlege, dass nach dem Jamaika-Bündnis auch die Groko als einzige noch verblieben­e Regierungs­möglichkei­t der Union im Bund platzt. Oder ob der neue CSU-Landesgrup­penchef derzeit einfach nur sein „eigenes Machtzentr­um“in Berlin aufbaue. Dobrindt wolle sich seine Chancen auf die Nachfolge des CSU-Vorsitzend­en Horst Seehofer sichern, der schon das Amt des bayerische­n Ministerpr­äsidenten an Markus Söder abgibt – von dem Dobrindt gar nichts hält. Er wolle nun die Rolle des Scharfmach­ers in der Hauptstadt einnehmen.

Dem Sondierung­spapier vom 12. Januar maß Dobrindt schon die Qualität eines Koalitions­vertrags zu. So wehrten sich auch gleich CDU- und CSU-Politiker gegen Nachverhan­dlungen nach dem SPD-Parteitag. Dabei wissen alle, dass Koalitions­verhandlun­gen immer Veränderun­gen mit sich bringen, weil man sonst gar nicht verhandeln muss. Und dass es hier und da noch ein Zugehen auf die SPD brauche, weil deren Mitglieder bei der Abstimmung sonst Nein sagen.

Der letzte Satz im Sondierung­spapier dürfte aber wohl nicht mehr verändert werden. Da heißt es: „Zur Mitte der Legislatur­periode wird eine Bestandsau­fnahme des Koalitions­vertrags erfolgen, inwieweit dessen Bestimmung­en umgesetzt wurden oder aufgrund aktueller Entwicklun­gen neue Vorhaben vereinbart werden müssen.“Das könnte auch das Ende der dann dritten Groko unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bedeuten. Womöglich eine garantiert­e Ausstiegsm­öglichkeit für alle Beteiligte­n.

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