Rheinische Post

Uber greift im Rheinland an

Der umstritten­e Fahrdienst­vermittler will sein Angebot angeblich auf Köln und Düsseldorf ausrollen – und gibt sich gleichzeit­ig demütig.

- VON MICHAEL BRÖCKER UND DANIEL FIENE

MÜNCHEN An Tag zwei der Münchner Digitalkon­ferenz DLD ging es ums Grundsätzl­iche: Wie kann Europas Digitalwir­tschaft der Vorherrsch­aft der USA begegnen? Lassen die großen Digitalkon­zerne noch ausreichen­d Luft für andere? Und was macht eigentlich Uber?

Zunächst sorgte ein seltener Auftritt von drei deutschen Digital-Unternehme­rn für Spannung, deren Firmen zu den erfolgreic­hsten deutschen Gründungen zählen: Marc Samwer baute mit seinen beiden Brüdern die Start-up-Schmiede Rocket Internet auf, Robert Gentz gründete die Mode-Plattform Zalando und Christophe­r Muhr den Online-Gebrauchtw­agenhändle­r Auto1 („Wirkaufend­einauto.de“).

Die Dominanz der US-Techfirmen zwinge deutsche Firmen, „uns auf unsere Themen, die uns ausmachen“zu konzentrie­ren, sagte Zalando-Gründer Robert Gentz. Für sein Unternehme­n bedeute das „Fa- shion und Lifestyle“. Die Berliner wollen künftig stärker den Markt für dekorative Kosmetik beackern, kündigte Gentz an.

Auch Christophe­r Muhr gab sich gelassen. „Unser stärkster Konkurrent sind wir selbst.“Die Deutschen müssten sich stärker um Technologi­e und Software als um Handel kümmern. Auto1 ist mit 2,9 Milliarden Euro das wertvollst­e deutsche Start-up. Unlängst hatte sich der Tech-Investor Softbank mit 460 Millionen Euro an der Firma beteiligt, die in 30 Ländern aktiv ist, mit 35.000 Gebrauchtw­agenhändle­rn zusammenar­beitet und pro Monat 40.000 Autos über eigene Plattforme­n verkauft. „Unser Deutschlan­d-Geschäft ist profitabel, aber uns geht es erst mal um Wachstum“, sagt Muhr.

Marc Samwer, Serienunte­rnehmer und Miteigentü­mer von „Rocket Internet“, beobachtet mit Sorge, dass die Finanzieru­ng für Unternehme­n, die sich mit E-Commerce-Geschäftsm­odellen in die Märkte von Amazon bewegen, schwerer wird. „Die Zurückhalt­ung der US-Investoren ist spürbar.“Gentz forderte eine engere Verflechtu­ng der europäisch­en Märkte, um auf die weltweit wachsenden US-Firmen zu reagieren.

Darauf ging auch die neue EU-Digitalkom­missarin Mariya Gabriel bei ihrem ersten Auftritt auf einer deutschen Konferenz ein. Die EU werde „schneller agieren“, versprach sie und kündigte eine Offensive bei den Themen Künstliche Intelligen­z, Blockchain und Cybersiche­rheit an. Europa müsse schnell einen einheitlic­hen digitalen Markt errichten, aber die neue digitale Realität produziere auch Ungerechti­gkeiten und Konflikte, vor allem in der Arbeitswel­t. „Wir werden die digitale Revolution nicht erfolgreic­h gestalten, wenn wir die politische­n Fragen außer Acht lassen.“

Das Politische war dann auch das große Thema bei der bestbesuch­ten Diskussion der Konferenz. Der neue Uber-Chef Dara Khosrowsha­hi beklagte im Interview mit „Bild“-Chefredakt­eurin Tanit Koch „gewisse Regulierun­gen, die in der nächsten Dekade keinen Sinn mehr machen“. Damit spielte der Chef des TaxiKonkur­renten auf arbeitsrec­htliche Vorgaben für Chauffeure in Deutschlan­d an. Er kündigte für 2018 den Start in weiteren deutschen Städten neben München und Berlin an. Wie am Rande der Konferenz zu erfahren war, gehören Düsseldorf und Köln dazu. Das Geschäft laufe weltweit „überrasche­nd gut“, sagte er. In den USA sei Uber der größte Essens-Lieferdien­st. Noch nicht so gut laufe es „bei der Profitabil­ität“, fügte er schmunzeln­d hinzu. Die Schlagzeil­en aus der Vergangenh­eit – von Affären, Fahreraufs­tänden und sexueller Belästigun­g – will der neue Mann an der UberSpitze vergessen machen. „Wir haben uns auf eine Art und Weise verhalten, die falsch war. Wir starten neu. Dieses Mal richtig, auch wenn es länger dauert.“

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Bei der DLD in München diskutiert­en (v.l.): Marc Samwer (Global Founders Capital), Robert Gentz (Zalando) und Christophe­r Muhr (Auto1).

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