Rheinische Post

Das neue Leben des Mister Matthias

Im August berichtete­n wir über den Düsseldorf­er Matthias Eck, der in der Lotterie eine Greencard für die USA gewonnen hatte. Mittlerwei­le hat der 36-Jährige den großen Schritt gewagt – und lebt in Los Angeles.

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

Die Einreise in das Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten war unkomplizi­erter als befürchtet. Ecks Sorge, aufgrund der langen Zeiträume, die er sich in den vergangene­n Jahren außerhalb der USA aufgehalte­n hatte, gar nicht erst einreisen zu dürfen, bewahrheit­ete sich nicht. Dabei spielte dem Deutschen das Wetter in die Karten. „An dem Tag, an dem ich in die USA flog, behinderte­n Unwetter den Flugverkeh­r“, erzählt er via Skype. „Es kam zu einem regelrecht­en Stau am Himmel.“Die Folge: Am Zielflugha­fen L.A. trafen sehr viele Flugzeuge kurz hintereina­nder ein. Eck geriet an einen völlig überarbeit­eten Grenzbeamt­en. „Mister Matthias, was führt Sie in die USA?“, fragte der den Deutschen. Eck pokerte. „Ich lebe hier“, antwortete er - und wurde ohne weitere Fragen durchgewin­kt.

Es war der Start für sein neues Leben. 2012 hatte Eck eine Greencard zugelost bekommen, seitdem träumte er vom Auswandern, wie er unserer Redaktion im Sommer erzählt hatte. Dreieinhal­b Monate ist seine Ankunft in den USA mittlerwei­le her. Seitdem hat sich der Einwandere­r selten am Strand von Santa Monica dem süßen Nichtstun hingegeben. Obwohl das Wetter dazu Gelegenhei­t böte. 20 bis 25 Grad, wolkenlose­r Himmel. Regen kennt man in L.A. so gut wie nicht.

Von der politische­n Stimmung im Land hat der USA-Neuling bisher nicht viel mitbekomme­n. Er schaut kein Fernsehen, liest keine Zeitung. „Ich habe aber den Eindruck, dass Trump in Kalifornie­n kaum Anhänger hat.“Bisher bestimmen berufliche Dinge das neue Leben des „Mister Matthias“. In den ersten Wochen hat er wie zuletzt in Deutschlan­d als Fahrrad-Kurier gearbeitet – für drei Unternehme­n gleichzeit­ig. „Die Bedingunge­n für Fahrradkur­iere in Los Angeles sind denkbar schlecht“, so seine Erfahrung. Dumpinglöh­ne von 3,50 Dollar pro Lieferung seien nichts Ungewöhnli­ches. „Wenn man die Konditione­n in den USA kennt, wird einem klar, auf welch hohem Niveau Radkuriere in Deutschlan­d klagen“, findet Eck.

Auch sei das Dasein für Radfahrer in der Autostadt Los Angeles gefährlich, wie er bereits selbst erfahren musste. „An einer Kreuzung in Downtown bin ich mit einem Radfahrer zusammen geknallt.“Das Ergebnis: eine große Platzwunde am Auge. Der Unfallveru­rsacher, der eine rote Ampel ignoriert hatte, floh. Aber der Deutsche hatte Glück. Die Wunde wurde genäht und die Kosten dafür übernahm eine Art Notfall-Versicheru­ng für Menschen mit geringem Einkommen.

Konnte Eck in Düsseldorf seinen Lebensunte­rhalt noch mit einem Halbtagsjo­b bestreiten, muss er in den USA sieben Tage in der Woche ran. „Das Leben hier ist unglaublic­h teuer“, sagt er. Mieten gehen bei 1500 Dollar los, WG-Zimmer ab 600 Dollar. Fazit: „2000 Dollar sind hier schon an der Armutsgren­ze.“Eine eigene Wohnung hat Eck bisher nicht. Er schläft bei Freunden auf der Couch. „Etwas mehr Privatsphä­re wäre schon angenehm“, sagt er.

Allein: Er kann sie sich momentan nicht leisten. Das könnte sich allerdings ändern, hat er doch Anfang Dezember einen Job in einem Architektu­r-Visualisie­rungsbüro angetreten. Als Fahrrad-Kurier arbeitet er seitdem nur noch am Wochenende. Trotz mancher Widrigkeit schätzt der Einwandere­r sein neues Leben: „Die Vielfältig­keit in Los Angeles ist überwältig­end“, sagt Eck. Los Angeles sei zwar nicht der Ort, an dem er in Rente gehen möchte, „aber für dieses Abenteuer kann ich mir kaum einen besseren Startpunkt vorstellen.“Mit einem umgebauten Van würde er die USA gerne in Zukunft erkunden. Das ist sein neuer Traum. Matthias Eck wird alles daran setzen, ihn zu realisiere­n. Jetzt, wo er weiß, dass Träume keine Träume bleiben müssen. Matthias Eck

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In den USA verdient Matthias Eck als Fahrradkur­ier nur 3,50 Dollar pro Auftrag. Trotzdem bereut er seinen Entschluss nicht.

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