Rheinische Post

Wo Amazon einpacken kann

Die Nordstraße ist ein Stadtteilz­entrum, in dem es trotz Internet gut läuft. Es gibt wenig Leerstände und einen guten Mix aus verschiede­nen Branchen und attraktive­r Gastronomi­e. Warum eigentlich?

- VON TORSTEN THISSEN

PEMPELFORT Monika Heitjen lebt nicht hinterm Mond. „Auch wenn ich bald 70 Jahre alt bin, weiß ich schon noch, was passiert“, sagt sie und nippt an ihrem Kaffee. Es ist noch relativ früh am Morgen, ein ganz normaler Freitag, und Frau Heitjen erledigt ihre Einkäufe fürs Wochenende. Hinzu kommt das, was sie immer macht, wenn sie auf der Nordstraße ist: Bummeln und Gucken, denn das könne man eben im Internet nicht so gut wie hier. „Und außerdem treffe ich da auch keine Leute“, fügt sie hinzu.

Die Nordstraße ist ein Phänomen. Denn während in anderen Stadtteilz­entren die Furcht vor Leerstand um sich zu greifen scheint, während die Händler ob der Billigkonk­urrenz im Internet klagen, brummen die Geschäfte hier gut wie eh und je. „Die Straße hat immer noch großes Potenzial, einen gesunden Mix aus Branchen und Geschäften. Es gibt Ketten, aber auch noch inhabergef­ührte Läden. Und die Nordstraße lebt auch abends“, sagt Sven Schulte von der IHK Düsseldorf.

Für ihn liegt das vor allem an der guten Lage. So sei das Gebiet rundherum dicht besiedelt von Menschen, die durchaus auch noch Geld am Ende des Monats übrig haben. Und das spiegele sich eben auch in der Einkaufsst­raße wider. Für Frau Heitjen allerdings ist das nicht der Grund, warum sie auf die Nordstraße geht. „Es gibt immer etwas Neues zu sehen“sagt sie.

Und tatsächlic­h hat sich die Nordstraße schon verändert in den letzten Jahren. Alte Geschäfte haben aufgegeben, aber es sind auch immer wieder neue gekommen. „Vor allem die Mieten machen es vielen Geschäftsl­euten schwer“, sagt einer, der auf der Nordstraße schon länger einen Laden betreibt. So ganz spurlos gehe der Wandel im Handel auch an der Nordstraße nicht vorbei. Man müsse nur sehen, wie wenige Geschäfte noch Mode anbieten. „Das sah vor zehn Jahren noch ganz anders aus“, sagt er. Stattdesse­n hätten immer mehr Läden aufgemacht, die Dienstleis­tungen anbieten, „oder eben Gastronomi­e und Essen“, fügt er hinzu.

Steffi Kurz arbeitet in der Gegend und findet gerade die gastronomi­schen Angebote besonders. Die Straße ist eben nicht nur Einkaufsst­raße, sie ist auch Ausgehmeil­e. Kurz beispielsw­eise geht öfter mit Kollegen nach der Arbeit noch aus. „Man kann gut ein Bier trinken ge- hen, und das Essensange­bot lässt kaum Wünsche offen.“Statt nach der Arbeit in die Altstadt oder in den Medienhafe­n zu fahren, gehen Kurz und ihre Kollegen um die Ecke. Sie essen zum Beispiel französisc­h in dem neuen Les Halles St. Honoré, das den Flair einer französisc­hen Markthalle nach Pempelfort gebracht hat, „es gibt aber auch gute Sushi-Läden und deutsche Brauhaus-Kultur hier“, sagt sie. Mit ihren Kollegen hat sie im vergangene­n Jahr auch an einer Abendaktio­n rund um die Nordstraße teilgenomm­en. In 13 Kneipen und Bars im Viertel haben verschiede­ne Bands gespielt, mit Shuttle-Bussen wurden die Gäste von Ort zu Ort gebracht. „Das war sehr lustig und zeigte, wie vielseitig das Viertel ist“, sagt Kurz. Dass solche Veranstalt­ungen Kunden an die Nordstraße binden, davon ist auch Schulte überzeugt. Sowieso sei die funktionie­rende Werbegemei­nschaft ein wichtiger Standortfa­ktor. „Auch weil sie sich in die Politik einbringt“, ergänzt Schulte. So etwa in der Frage, ob die Nordstraße Fußgängerz­one werden soll oder nicht, wie die Verkehrsfü­hrung in Zukunft aussehen soll, wie man die Frage der Sonntagsöf­fnungen regelt. Nicht zuletzt hält die Werbegemei­nschaft auch Kontakt zu Hauseigent­ümern, die neue Mieter suchen, wenn denn doch einmal ein Laden leer steht.

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