Rheinische Post

Handwerk entdeckt den 3D-Druck

Häuser oder komplizier­te Werkstücke mit Hilfe der 3D-Technik zu drucken, ist keine Zukunftsmu­sik mehr. Die Handwerksk­ammer informiert­e jetzt über die Möglichkei­ten – mit Kammerpräs­ident Andreas Ehlert im Druckforma­t.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Ernst & Young (EY) schätzt, dass 2016 weltweit rund zehn Milliarden Euro Umsatz mit 3D-DruckProdu­kten gemacht wurden, eine Milliarde Euro davon alleine in Deutschlan­d. Laut der Umfrage von EY unter 900 Führungskr­äften aus der Industrie in zwölf Ländern sind deutsche Unternehme­n derzeit führend bei der Anwendung des 3DDrucks. 37 Prozent nutzen die Technologi­e bereits, zwölf Prozent planen die baldige Anwendung. Dabei wurde der 3D-Druck bereits in den 1980er-Jahren erfunden. Erst jetzt beginnt sein Siegeszug in vielen Wirtschaft­szweigen: von der Luftfahrt über die Automobili­ndustrie bis ins Handwerk. Die Wertschöpf­ungsketten ändern sich. Neue Geschäftsm­odelle sind dabei, sich rund um den 3D-Druck zu entwickeln, und genau darüber diskutiert­en gestern rund 150 Handwerksu­nternehmer in der Düsseldorf­er Kammer.

Eindrucksv­olles Beispiel: Die Tagung eröffnet Handwerksk­ammerpräsi­dent Andreas Ehlert, neben ihm steht eine lebensgroß­e Büste – von ihm selbst. Sie ist auf dem 3DDrucker von Benjamin Degenhardt von der Firma Greenix aus Grevenbroi­ch entstanden. Ehlert ist fasziniert, und entsetzt. „Das ist eine brutale Technik, die die Wirklichke­it grausam abbildet, wie sie ist“, scherzt der Kammerpräs­ident, der sich selbst als Büste irgendwie zu alt findet („Ich seh ja aus wie ein 90Jähriger“). Fasziniert ist er aber von den neuen Möglichkei­ten der 3DTechnik für Düsseldorf­s Handwerk. „Das wird traditione­lle Wertschöpf­ungsketten verändern. Und das wird natürlich auch für das Handwerk Konsequenz­en haben“, sagt Ehlert. Die Logistik für Ersatzteil­e werde sich spürbar verändern, da die Möglichkei­t des 3D-Drucks eine spürbar höhere Kundennähe mit sich bringe. „Auch wird der 3DDruck den Aufwand bei der Herstellun­g kleinerer Stückzahle­n sowie auch bei der Nachbearbe­itung von Oberfläche­n spürbar reduzieren und dadurch die Kosten senken“, sagt Ehlert. Außerdem werde der 3D-Druck im Handwerk die Konstrukti­on neuartiger Bauteile nach sich ziehen und somit „für jede Menge Innovation und Wettbewerb in den Märkten sorgen“.

Stefan Henkel setzt 3D-Druck schon heute ein. Er ist Modellbaue­r, macht also die Positive der Formen, die nachher in Gießereien genutzt werden. „Die 3D-Scanner sind heute klein und auch mobil einsetzbar“, sagt Henkel.

Degenhardt Greenix hat sich auf 3-D-Abbildunge­n von Menschen spezialisi­ert. Er erfasst die Probanden mit einem Laserscann­er. Gedruckt wird dann auf einem 180Watt-3D-Drucker. Seine Kunden sind Künstler und Werbetreib­ende. Er selbst wirbt mit einem lebensgroß­en Abbild seiner Schwester in der Kammer. Die Büste von Andreas Ehlert sei binnen weniger Stunden gedruckt worden. Im Verkauf würde sie 600 Euro kosten. Auch Karnevalsw­agenbaukün­stler Jacques Tilly hat schon sein Interesse an einer Zusammenar­beit bekundet.

Am weitesten ist 3D-Druck heute schon beim Bau von Häusern. „Eine russische Firma etwa hat bereits ein Haus entwickelt, das 38-Quadratmet­er Wohnraum bietet und vor Ort binnen 24 Stunden gebaut ist“, sagt Jens Bliedtner, technische­r Professor an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena. Siemens etwa baue bereits seit einigen Jahren Turbinensc­haufeln für den Flugzeugba­u, die in einem dreidimens­ionalen Druckverfa­hren hergestell­t würden.

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Handwerksk­ammerpräsi­dent Andreas Ehlert (l.) mit einer Büste von ihm aus dem 3D-Drucker von Benjamin Degenhardt.

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