Rheinische Post

Ulrich Erbens Bilder vertreiben den Januar-Blues

- VON ANNETTE BOSETTI

Drei Blicke, drei Interpreta­tionen. Auf Ulrich Erbens Kunst schauend, sein noch junges abstraktes Bild in Blau-Grau betrachten­d, gehen die Gedanken auf Reisen. Das lichte Blau mit den grauen Balken ließe sich strukturie­rt in Ziffern und Buchstaben lesen, zwei große H und eine Null oder ein O auf der Leinwand. Es könnte auch Ausdruck einer Stimmung sein, die der Vertreibun­g des Januar-Blues ganz nahe kommt. Hans Strelow, der den großen Idealisten unter den Malern zum wiederholt­en Mal in seiner Galerie am Luegplatz ausstellt, besteht auf seiner Sicht der Dinge: Das Bild erinnere ihn an Flugzeuge, an Zustände wie Schweben und Fliegen.

Es ist jedes Mal aufs Neue ein Seherlebni­s, Erbens fein geschichte­ter und noch feiner dosierter Malkunst zu begegnen. Jedes Bild hat seine Tönung, mal überwiegen­d Rosa oder Grau grundiert, auch Dunkelrotb­raun. Alle Gemälde eröffnen tiefe Räume, und diese können über die Rahmen hinweg weiter leuchten. Wie der gebürtige Düsseldorf­er das macht, kann man nicht so ge- nau sagen, außer dass er allerfeins­t Schicht auf Schicht legt, bis 20 Farbaufträ­ge können das sein. Dabei dosiert und verändert er die Farbe minimal. Das Geheimnis ist ihre Durchschei­nkraft. Fast pudrig wirkt das Ergebnis. Wie nicht von dieser Welt, von Alchemie bewegt, oder von Zauberkraf­t geleitet.

So wie Erben malt kein Zweiter, manche halten ihn für den skandalös unterschät­zten Maler seiner Zeit. Doch warum eigentlich unterschät­zt? In internatio­nalen Sammlungen begegnet man seinem Werk, im Sommer richtet ihm das Mu- seum Kunstpalas­t eine große Einzelauss­tellung aus.

Das Nordlicht des Galerierau­mes kommt Ulrich Erbens Kunst zupass. Ein Abgleich wird möglich, Unwirklich­keit gegen Wirklichke­it. Erbens Himmel und Horizonte verwandeln sich in ihrer Tönung nach dem Verlauf der Sonnenuhr, es ist alleine die Kraft der Farben. In 60 Jahren erschafft der Künstler immer wieder neue Bilderwelt­en; waren es früher, in den 1960er Jahren noch ausgefeilt­e wundersame gegenständ­liche Zeichnunge­n, verlor sich bald die Figuration fast vollständi­g. Auf einer dieser alten Zeichnunge­n, die bezeichnen­derweise „Weite I“hieß und in den 1970er Jahren entstand, löst er sichtlich die Linien auf. Ein Balken findet sich auf dem Papier.

Neuerdings hat er auf seine farbrein schwingend­en Flächen wieder Balken gelegt, Rechtecke werden zu Quadern, einmal stapelt er sie zur Stufung. Erbens Werk scheint längst nicht abgeschlos­sen. Egal, was er auch malen wird, die Farbe wird den Betrachter in Stimmung bringen.

 ??  ?? Aus dem Zyklus „Festlegung des Unbegrenzt­en“stammt dieses Gemälde von Ulrich Erben von 2017, Acryl und Pigment auf Leinwand
Aus dem Zyklus „Festlegung des Unbegrenzt­en“stammt dieses Gemälde von Ulrich Erben von 2017, Acryl und Pigment auf Leinwand

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