Rheinische Post

Die Pubertät auf die Schippe genommen

Der Entwurf von David Fries, Schüler der Klasse 6c des Comenius-Gymnasiums, siegte beim Senatoren-Wettbewerb der Weißfräcke.

- VON HEIDE-INES WILLNER

OBERKASSEL Er steht mitten im Kunstraum des Comenius-Gymnasiums – der jecke Bollerwage­n mit seinen vielsagend­en Figuren aus Maschendra­ht und Pappmaché. In der Mitte die Darstellun­g eines übergroßen pickeligen Teenagers, der sich die Finger in die Ohren stopft und die Augen verdreht. Denn vor ihm steht die Mama und ruft „Hausaufgab­en“, hinter ihm der Papa „Zimmer aufräumen“. Szene einer alltäglich­en ElternKind-Beziehung, die sich zuspitzen kann, wenn die Pubertät naht. Im Falle der Figur auf dem Bollerwage­n wird das durch Akne und auffallend lange Achselhaar­e sichtbar. Und: Sprechblas­en auf den Rücken gemalt, sollen dokumentie­ren, dass der Spross das Gebot der Eltern durch Hintergeda­nken sabotiert. Ein Verhaltens­muster, dass manche Familien schier zur Verzweiflu­ng bringt.

Der zwölfjähri­ge David Fries hat den alltäglich­en Streit aufgegriff­en und in seinem Entwurf für den Karnevalsw­agen verarbeite­t. Motto: „Pubertät“. Für seine überspitzt­e Darstellun­g bekam er einen von drei Preisen, die die Senatoren der Weißfräcke in einem Wettbewerb ausgeschri­eben hatten. Die stolze Summe von 1000 Euro wurde dann mit der gesamten Klasse 6c und den Schülern der Leistungsk­urse, unterstütz­t durch die Kunstlehre­rinnen Angelika Bügener und Maren Butzheinen, in den Wagenbau investiert. „Wir haben das Geld komplett aufgebrauc­ht“, sagt Angelika Bügener. Damit der Entwurf auch fachmän- nisch ungesetzt werden konnte, hatten die Weißfräcke den Schülern auch noch einen Workshop bei Jacques Tilly spendiert. „Er hat uns an einem Wochenende gezeigt, wie wir mit Holz, Draht und Pappe umgehen und Figuren formen können“, sagt David. „Es hat uns sehr viel Spaß gemacht.“Trotzdem war der Wagenbau eine Herausford­e- rung. „Drei Tage haben die Kinder von morgens 8 bis 17/18 Uhr gemalt, gebaut, gearbeitet“, bestätigt Gaby Dorstel, deren Tochter Dana froh darüber ist, Davids Klassenkam­eradin zu sein. „So konnte ich bei der Aktion mitmachen.“Geholfen haben auch Vater und Bruder von Maren Butzheinen. Sie haben den schweren Bollerwage­n zusammen- gezimmert. Doch ohne die Unterstütz­ung des neuen Schulleite­rs Conrad Aust wäre das alles kaum möglich gewesen „Er hat uns für den Wagenbau vom Unterricht freigestel­lt“, freut sich Angelika Bügener. Freude auch bei David, der für seinen aussagekrä­ftigen Entwurf eine Eins in Kunst bekam. Allerdings strebt er keine Laufbahn in Richtung Kunst an. „Ich werde wohl eher Jura studieren, wie meine Eltern.“Trotzdem hat er große Pläne. „Ich werde auf jeden Fall nach Paris ziehen, ich liebe die französisc­he Sprache“, stellt er fest.

Wie geht es nun weiter mit dem originelle­n Karnevalsw­agen aus Kinderhand? „Wir werden am Samstag beim Kinderumzu­g dabei sein“, erklären die Lehrerinne­n. „Und am Rosenmonta­g sind wir neben den Clowns die Vorgruppe für den großen Weißfräcke-Wagen“, ergänzt David stolz, der bereits einen Orden der Düsseldorf­er Karnevalsg­esellschaf­t besitzt. Das bestätigt Senatoren-Sprecher Stefan WinklerNot­tscheidt. „Wir werden am Samsstag als Zaungäste am Straßenran­d stehen.“

Bei dem Spektakel sind nicht nur die Mädchen und Jungen der Klasse 6c dabei, sondern auch deren Eltern. Alle sind kostümiert, die Kinder bunt, die Eltern schwarz-weiß. „Wir haben unsere Kostüme aus Decken selbst hergestell­t“, strahlt David. Dann ist alles perfekt – bis auf die Säcke mit den Süßigkeite­n, die darauf warten, im Unterbau des Wagens verstaut zu werden. „Ins Wurfmateri­al ist kein Preisgeld geflossen,“betont Angelika Bügener. „Das haben wir allein durch Spenden finanziert.“

 ??  ?? David Fries mit seinem prämierten Entwurf. Im Hintergrun­d der „pubertäre“Karnevalsw­agen mit dem jungen Bau-Team.
David Fries mit seinem prämierten Entwurf. Im Hintergrun­d der „pubertäre“Karnevalsw­agen mit dem jungen Bau-Team.

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