Rheinische Post

Brauerei-Chef sucht Stelle als Pilot

Schlüssel-Inhaber Karl-Heinz Gatzweiler ist im Nebenjob über Jahre für Air Berlin geflogen. Nun möchte er weiter im Cockpit sitzen.

- VON HANS ONKELBACH

Mit diesem Namen gehört man in Düsseldorf zur allseits bekannten Altbier-Legende: Gatzweiler. Die Brauerei in Heerdt war berühmt, die Marke stand in zahlreiche­n Kneipen auf dem Zapfhahn. Die Brauerei gibt es nicht mehr, auf dem Grundstück steht heute der Vodafone Campus. Aber der Name blieb, und es blieb das Juwel im Alt-Imperium – die Hausbrauer­ei Schlüssel in der Altstadt an der Bolkerstra­ße. Chef und Inhaber ist Karl-Heinz Gatzweiler (63) – er hat seinerzeit nach turbulente­n Zeiten der Brauerei das übernommen, was vom Imperium übrig blieb. Und er ist glücklich dabei, zumal das Schlüssel Alt gut läuft – in jeder Beziehung. Sein Schlüssel ist eine von fünf Hausbrauer­eien in Düsseldorf. Alle sind erfolgreic­h.

Aber das ist nur eine Seite dieses Mannes. Was nur wenige wissen: Seit seinem Studium der Betriebswi­rtschaft Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre hat Gatzweiler einen Flugschein. Zuerst nur einen für private, kleinere Maschinen, Anfang der 80er Jahre kam die Lizenz für Verkehrsma­schinen hinzu. Gatzweiler. „Ich habe schon als sehr junger Mann meine Leidenscha­ft fürs Fliegen entdeckt. Als die Zukunft der Brauerei und damit auch meine nicht klar war, hätte es für mich eine echte Alternativ­e gegeben – als Pilot.“

Dazu kam es dann doch nicht. Aufgrund familiärer Entwicklun­gen übernahm er die Hausbrauer­ei – aber die Fliegerei gab der DiplomKauf­mann dennoch nicht auf. Das lag auch an einer Begegnung mit Joachim Hunold, Gründer und über viele Jahre Inhaber wie Chef der Air Berlin. Die beiden Männer, echte Düsseldorf­er, kennen sich seit ihrer Jugend. Irgendwann, Anfang der 1990er Jahre, traf man sich und Hunold erzählte, er habe jüngst eine Fluggesell­schaft namens Air Berlin gegründet und suche Leute. Für Gatzweiler ein entscheide­nder Moment in seinem Leben – denn er hatte gerade den Pilotensch­ein ge- macht. Seine Antwort war daher klar: „Du suchst Piloten? Ich bin Pilot!“Das war der Beginn einer langen Partnersch­aft. Gatzweiler, immer noch Chef einer Brauerei, flog – sozusagen im Nebenjob – für Air Berlin. Brachte Urlauber in die sonnigen Länder rund ums Mittelmeer und konnte so nicht nur seiner Lei- denschaft nachgehen, sondern damit auch noch Geld verdienen. In Absprache mit der Airline teilte er sich seine Einsätze so ein, dass der andere Job – der des Brauerei-Chefs – nicht zu kurz kam. Zeitweise war er Flotten-Chef für die Boeing 737, mit der Air Berlin über Jahre ausschließ­lich flog. Als man auch Air- bus 320 in die Flotte aufnahm, erweiterte Gatzweiler seine Ausbildung für dieses Muster und darf heute beide Jets fliegen. Nur wenige der Passagiere ahnten in all den Jahren, dass vorne auf dem linken Sitz im Cockpit ein Mann saß, dessen Berufslebe­n normalerwe­ise vom Brauen und Verkaufen des berühm- ten Düsseldorf­er Altbiers geprägt ist.

Seinen Job in den Ferienflie­gern machte er, bis Air Berlin vor einigen Monaten in die Insolvenz ging. Nun ist er arbeitslos, jedenfalls als Pilot. Aber er möchte das nicht bleiben. „Zwei Jahre bleiben mir noch, dann bin ich 65 und muss ohnehin aufhören,“sagt er. Daher hat er sich bei der Agentur für Arbeit als arbeitslos gemeldet und wartet auf Angebote. „Aber ich halte auch sonst die Ohren offen. Wenn sich was bietet, bin ich wieder dabei!“

An seine Zeit bei Air Berlin denkt er mit großer Wehmut. „Wir waren wirklich wie eine große Familie!“Die Jahre haben ihm einmalige Erlebnisse geschenkt. Wie beispielsw­eise zwei Abhol-Flüge bei Boeing in Seattle: Ein leeres Flugzeug nur mit den Piloten im Cockpit quer über den amerikanis­chen Kontinent mit einer Zwischenla­ndung auf Island zum Auftanken nach Deutschlan­d zu fliegen, davon schwärmt er noch heute.

 ??  ?? Karl-Heinz Gatzweiler im Cockpit eines Airbus A321. Für Air Berlin brachte er Passagiere in Länder rund ums Mittelmeer.
Karl-Heinz Gatzweiler im Cockpit eines Airbus A321. Für Air Berlin brachte er Passagiere in Länder rund ums Mittelmeer.

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