Rheinische Post

Der Herr über die Orden

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Wenn sich die Session auf ihren Höhepunkt zubewegt, dann kapiert selbst der deppertste Jeck, was es mit dem Begriff Ordensschl­acht auf sich hat: Keine Sitzung ohne Orden, keine Feier ohne blinkende Plakette – meistens am Bande, ab und an auch als Anstecker oder Brosche, glänzende Augen gibt’s bei der Vergabe, manchmal sogar ein Tränchen. Orden haben Gewicht, emotional, manchmal auch in Gramm-Zahlen gemessen. Eine lieb gewonnene Tradition ist das auch in der Karnevalsh­ochburg Düsseldorf, das Interesse in der heißen Phase scheint gewaltig. Das weiß auch Peter Weber (69), der im Haus des Karnevals der Hüter der Orden ist. Seit 25 Jahren lebt der ehemalige Kommunikat­ionsexpert­e seine persönlich­e Leidenscha­ft aus – da fing er an, das Archiv zu pflegen, seit zwölf Jahren ist er fast rund um die Uhr zu Gange für das Narren-Museum. Jeck ist er von Hause aus. „Mit fünf Jahren sah ich zum ersten Mal den Veedelszoc­h in Eller, von da an bin ich immer mit dem Roller dorthin gefahren. Ich wollte dabei sein“. 40 Jahre war er bei den Spießratze­n, seit 2000 feiert er bei der Ehrengarde mit. Eine angenehme Besonnenhe­it strahlt der freundlich­e Peter Weber aus und beweist sich als wandelndes Lexikon. 8000 Orden sortierte er bereits fürs Haus des Karnevals – nach gut 70 Vereinen, die dem Comitee Düsseldorf­er Karneval (CC) angeschlos­sen sind. „Viele sind im Karton, wenn ein Verein eine Ausstellun­g plant, dann haben wir die griffberei­t.“An 1000 Orden muss er noch ran. „Dann ist aber die Kapazität erschöpft. Jetzt nehmen wir nur noch historisch­e Orden.“Große Lust auf das Thema hat er immer noch: Wenn er zur Decke schaut im Museum, dann erblickt er auf einmal 1800 Orden. „Der Anblick lässt mein Herz noch immer höher schlagen.“Manche Orden hütet er wie einen Schatz: Da ist zum Beispiel der Orden des Vereins Caffee Pöttche, heute Die Große, von 1894. „Ein seltenes Relikt“, wie Weber weiß. Oder von 1895 das Schmuckstü­ck der Lange Jungens. „Heute wissen wir kaum noch was über den Verein, nur, dass es wohl überall SoldatenKo­mpanien gab mit sehr großen Männern über 1,80 Meter – auch in Düsseldorf. Das ist ihr Vermächtni­s sozusagen.“Besonders schön sei der Prinzenord­en von 1955. Und überhaupt: „Seit dem Ende des Krieges haben wir alle lückenlos in der Vitrine.“Der Karneval ist internatio­nal, sogenannte Partnersch­aftsorden sind auf Samt gebettet wie etwa Exemplare aus Kanada, Italien, den USA – und Südafrika. „In Namibia gibt es eine sehr lebhafte Karnevalsg­esellschaf­t, weiß Weber.Bald steht wieder die Ordenspräm­ierung an. Ihr großer Höhepunkt ist weit nach Karneval, nämlich Ende März. Josef Hinkel, Ex-Prinz und Vorsitzend­er des Fördervere­ins Düsseldorf­er Carneval, ruft kreative Karnevalis­ten aller Couleur auf, Originelle­s beizusteue­rn zur Karnevals-Or- densprämie­rung. Die Orden werden dann einer prominente­n Jury vorgelegt. Auch da kennt sich Weber aus. „Viele Leute arbeiten mit dem Sessionsmo­tto, oder sie konzentrie­ren sich auf die Wahrzeiche­n der Stadt. Historisch­e Bezüge machen sich gut.“Bis Ostern sollten die Sessions-Orden im Haus des Karnevals eingetroff­en sein. Brigitte Pavetic (Text)

Andreas Endermann (Fotos)

 ??  ?? An der Decke im Haus des Karnevals hängen 1800 Orden – noch viel mehr Exemplare liegen im Archiv.
An der Decke im Haus des Karnevals hängen 1800 Orden – noch viel mehr Exemplare liegen im Archiv.
 ??  ?? Diesen Orden verliehen die Lange Jungens 1895.
Diesen Orden verliehen die Lange Jungens 1895.
 ??  ?? Peter Weber ist Archivar und Museumsbea­uftragter des CC.
Peter Weber ist Archivar und Museumsbea­uftragter des CC.
 ??  ?? Die Londoner Funken Red White aus Kanada entwarfen diesen Orden.
Die Londoner Funken Red White aus Kanada entwarfen diesen Orden.
 ??  ?? Ein Exemplar aus Chicago von der KG Rheinische­r Verein
Ein Exemplar aus Chicago von der KG Rheinische­r Verein
 ??  ?? Prinz Otto I. verlieh 1955 diese närrische Auszeichnu­ng.
Prinz Otto I. verlieh 1955 diese närrische Auszeichnu­ng.

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