Rheinische Post

Die schwerste Stunde im Leben des Prinzen

Mit dem närrischen Zapfenstre­ich endet die Amtszeit von Carsten II. und Venetia Yvonne. Der Prinz hatte Tränen in den Augen.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Am Aschermitt­woch ist bekanntlic­h für die normalen Jecken „alles vorbei“. Deren Oberhaupt, in diesem Jahr Prinz Carsten II., muss in Düsseldorf traditione­ll am Vorabend bereits abdanken. Kein leichter Schritt, nein ein ganz schwerer, unvermeidb­arer. Eine dunkle Stunde, wenn er vom Rathausbal­kon zum wirklich allerletzt­en Mal zu seinem Jecken-Volk beim närrischen Zapfenstre­ich spricht.

Was in diesem Moment in einem Prinzen vorgeht, können wohl nur die verstehen, die es mal waren. Ein Blick zurück auf eine typische Session. Anders als in Köln starten die Düsseldorf­er Oberjecken schon vor Weihnachte­n. Die Prinzenpaa­rkürung gibt den beiden Tollitäten schon einen ersten Blick darauf. Wie sich das so anfühlt, als Prinz und Venetia. „Es ist bizarr, man wird wie verrückt bejubelt an dem Tag, dabei hat man noch überhaupt nichts geleistet“, erinnert sich Christian Zeelen, Düsseldorf­er Prinz der Session 2014/2015. Vielen dankten die beiden Tollitäten der diesjährig­en Session Carsten und Yvonne im November 2017, noch leicht schüchtern, vor allem aber ihren jeweiligen Familien, die allesamt mit in der Stadthalle schunkelte­n bei der Prinzenpaa­rkürung.

Die erste Phase ist dann eher zum Eingewöhne­n. Hin und wieder ein Termin. Dann ist erstmal Advent und der Karneval hat Pause zu machen. Um im Januar wie eine Frohsinnsr­akete voll durchzusta­rten. An den Wochenende­n haben die Prinzenpaa­re zwischen 20 und 30 Termine pro Tag. Alkohol trinken auf der Bühne ist ihnen verboten. Auch neben den Auftritten verzichten die Tollitäten meist darauf. „Selbst wenn man ein Bier pro Auftritt tränke, würde der 20. sicher eine Heiterkeit der besonderer­n Art“, sagt Zeelen, der in seiner Session wie fast alle Prinzen stets nüchtern blieb. So hielt es auch Carsten II.

Prinzen führen ein anderes Leben als Normalster­bliche. Das verändert einen, sind sich alle Ex-Prinzen einig. „Man ist stets mit einer Entourage aus acht Menschen unterwegs. Adjutanten erfüllen einem jeden Wunsch, zur Not eine Packung Kippen zu besorgen etwa“, erinnert sich Zeelen. Zwei Adjutanten, zwei Standarten­träger, zwei Fahrer. „Man muss schon aufpassen, dass man nach dem Ende der Prinzenzei­t wieder dran denkt, vorne links ins Auto einzusteig­en und selbst die Tür zu öffnen“, sagt Zeelen.

Die Saalbesuch­e erleben die Prinzenpaa­re wie im Rausch. Sie werden von Party zu Party gefahren. Wenn der Prinz kommt, jubeln die Leute, frenetisch, scheinbar grundlos, egal was er sagt. Fast wie bei einem echten Monarchen. Und dann kommt der Rosenmonta­gszug. Prinz und Venetia sitzen am höchsten Punkt, den ein Wagen im Zoch haben kann. Die Massen bejubeln sie, mehr als 400.000 waren es dieses Jahr.

Und dann kommt das Ende. Abrupt. Von einer Sekunde auf die andere. Beim letzten Helau erstirbt dem Prinzen Carsten II. die Stimme, von Tränen erdrückt. „Helau auf Euch“sind seine letzten Amtsworte. Er schäme sich seiner Tränen nicht, wird er wenige Minuten später nach dem Zapfenstre­ich im Jan-WellemSaal sagen. Auch die Venetia ringt mit den Tränen, dankt ihrer Familie, ihrem Vater Michael Laumen, der als CC-Präsident neben ihr steht und sie umarmt. Die schicke Mütze mit den sieben Federn, die Pritsche, die Kette – all das wird dem scheidende­n Obernarren abgenommen.

Als Bürger Carsten Gossmann verließ der Ex-Prinz gestern das Rathaus mit Yvonne Kemmer. Nie mehr werden die beiden als Prinzenpaa­r ganz vorne stehen. Ihre närrische Regentscha­ft endete gestern um 19.34 Uhr am Rathausbal­kon.

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Dem Prinz erstickte die Stimme beim letzten „Helau auf Euch“. Wenige Sekunden nach dieser Aufnahme enthob ihm der OB die Narrenkapp­e.

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