Rheinische Post

„Scheitern gehört zum Fasten dazu“

Ab Aschermitt­woch wird verzichtet. Fragen an eine Expertin im Fasten.

-

Kerstin Pech von der Evangelisc­hen Mirjam-Kirchengem­einde leitet ehrenamtli­ch eine ökumenisch­e Fastengrup­pe in Eller (siehe Kasten). Ihr Fastenziel: Sie will sich jeden Tag bewusst Zeit nehmen, um auf ihren Körper zu hören. Frau Pech, wenn Sie einem Neuling erklären müssten, wozu Fasten gut ist – was würden Sie dann sagen? KERSTIN PECH Christen kennen zwei Fastenzeit­en – vor Weihnachte­n und vor Ostern. Die Advents-Fastenzeit ist nicht mehr so präsent. Aber in der Passionsze­it fasten weiterhin viele. Es geht darum, sich zu überlegen: Welche Dinge in meinem Leben tun mir eigentlich nicht gut? Auf welche Angewohnhe­iten könnte ich eigentlich mal verzichten? Zum Beispiel? PECH Viele Leute verzichten auf Schokolade oder aufs Fernsehen. Inzwischen gibt es aber auch viele, die aufs Smartphone verzichten oder seltener E-Mails abrufen. Und andere formuliere­n ihr Fastenziel positiv – sie tun bewusst etwas, was sie sonst nicht machen. So wie das Fastenmott­o der Evangelisc­hen Kirche dieses Jahr: Zeig dich! Sieben Wochen ohne Kneifen. Wie finde ich denn ein geeignetes Fastenziel? PECH Im Grunde geht es darum, mal andere Wege im Leben zu gehen. Mal sieben Wochen etwas auszuprobi­eren. Sieben Wochen klingen erst mal ziemlich lang. PECH Mir persönlich kommt das immer gar nicht so lang vor. Eine neue Gewohnheit zu etablieren und alte abzulegen, dauert eben. Und woran erkennt man einen Erfolg beim Fasten? PECH Nicht unbedingt daran, dass man jeden einzelnen Tag durchhält. Auch Scheitern gehört zum Fasten. Es geht darum, etwas über sich selbst zu lernen. Dazu sind Phasen der Reflexion sehr wichtig. Dazu finde ich eine Fastengrup­pe sehr hilfreich, auch weil man da jede Woche noch mal neuen Schwung bekommt. Keine Süßigkeite­n, keine Kohlehydra­te, mehr Sport – bei vielen klingt das Fastenziel eher nach einem Diätziel. Eine gute Idee? PECH Ich würde mir nie anmaßen, zu beurteilen, ob jemand richtig oder falsch fastet. Wenn man nicht sowieso schon in der Diätschlei­fe steckt und somit durch den Verzicht neue Wege beschreite­t – warum nicht? Das richtige Fastenziel muss jeder selbst bestimmen. Verzicht klingt ja immer gleich nach Freudlosig­keit. Gehört das dazu? PECH Natürlich gehört zum Fasten, dass man auf etwas verzichtet, das bisher wichtig war – sonst wäre es ja keine Herausford­erung. Man gewinnt aber meistens an anderer Stelle etwas. Wer aufs E-Mails-Abrufen verzichtet, fühlt sich vielleicht zunächst abgeschnit­ten von der Welt – merkt aber dann, wie viel mehr Zeit für die Familie da ist. Wir lernen, dass wir nicht abhängig von bestimmten Sachen sind, um glücklich zu sein. Um dieses Bewusstsei­n geht es.

 ??  ?? Kerstin Pech hat Fasten-Erfahrung. In Eller leitet sie eine Gruppe.
Kerstin Pech hat Fasten-Erfahrung. In Eller leitet sie eine Gruppe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany