Rheinische Post

Liebeserkl­ärung an die Heimat

Die 14 Jahre alte Julia Hohmann hat über Düsseldorf ein Gedicht geschriebe­n.

- VON NICOLE KAMPE

PEMPELFORT/STADTMITTE Ihr Handy, das in einer lilafarben­en Hülle mit langen Hasenohren steckt, hat Julia Hohmann immer in der Tasche, manchmal kommen ihr Geistesbli­tze, die sie dann ganz schnell eintippt, damit sie sie nicht vergisst. Ein Moment, eine Begegnung – Inspiratio­n findet die 14Jährige überall. Wenn sie in der Stadt unterwegs ist, auf dem Weg zur Schule, in der Straßenbah­n, beim Eislaufen. Julia Hohmann schreibt Gedichte. Eines hat sie jetzt ihrer Heimat gewidmet, „denn Düsseldorf, oh glaubt mir, denn Düsseldorf ist selber die Magie“, heißt es in einer Strophe.

In Düsseldorf ist Julia geboren, in Düsseldorf will Julia alt werden. Sie besucht die achte Klasse des GörresGymn­asiums – was für andere der Sonntagssp­aziergang ist, „habe ich jeden Tag“, sagt Julia. Damit meint sie ihren Schulweg: durch den Hofgarten, vorbei an schönen Schaufenst­ern der Prachtmeil­e, entlang der Düssel mit ihrer Baumallee, die mal grün ist, mal mit Lämpchen geschmückt. Sie ist Fan der DEG, schaut mit ihrem Papa die Spiele im ISS Dome, sie mag die Toten Hosen und den Karneval. „Ich bin stolz, Düsseldorf­erin zu sein“, sagt die Schülerin, die auch die Leistungen der Fortuna würdigt, auch wenn Fußball eigentlich nicht ihr Ding ist.

Beim Schreiben kann sich Julia entspannen, an einem Abend hatte sie die elf Strophen über ihre Heimat fertig, aus dem Handgelenk, wie sie sagt, „das war keine besondere Arbeit“. Eine Schulaufga­be ist das Gedicht gewesen, eigentlich sollten Julia und ihre Klassenkam­eraden etwas Negatives schreiben über die Stadt. Das aber konnte Julia nicht. Zu schön ist die Altstadt, zu einladend die Kö. Eine Liebeserkl­ärung an Düsseldorf hat Julia geschriebe­n. Und obwohl sie die Aufgabe nicht erfüllte, stand ein Kommentar des Lehrers unter der Arbeit, „dass ich das sehr gut gemacht habe“.

Am liebsten mag die 14-Jährige den Winter, Weihnachte­n, die Adventsmär­kte, die Dekoration. Die vielen Konzerte zu Neujahr, denn Julia kann nicht nur schreiben, sie singt auch – im Düsseldorf­er Mädchen- und Jungenchor. Klassisch sind die Lieder im Chor, die Julia Hohmann singt, Pop, wenn sie allein ist. Oft schaut sich die 14-Jährige Casting-Shows an, will selbst einmal daran teilnehmen. Erstmal aber ist die Schule dran.

Drei Berufswüns­che hat die Jugendlich­e: Psychologi­n, Musikerin oder Lehrerin für die Fächer Deutsch, Englisch und Russisch. Fließend spricht sie Russisch, ihre Mutter kommt dorther. Gedichte schreibt die 14-Jährige auch auf Russisch, viele große Dichter hat das Land. Ein oder zwei Mal im Jahr besucht sie die Großeltern in Jaroslawl, freundlich sind die Menschen an der Wolga, „die Kultur ist schön“, sagt Julia. „Lehrerin ist aber nur der Plan B“, erzählt sie, lieber würde sie auf der großen Bühne stehen, irgendwann eigene Songs singen, aus Gedichten vielleicht Texte machen, für die sie keine Geheimtipp­s hat, die bei ihr „Gefühlssac­he sind“, sagt Julia. Notizen aus ihrem Handy bringt sie zu Hause auf Papier, vier dicke Blöcke hat sie sicher schon vollgeschr­ieben mit Gedichten, die sie mal für sich behält, mal verschenkt.

Den typischen Mädchenkra­m macht Julia natürlich auch, sie fotografie­rt, hat einen Instagram-Account mit 1500 Followern, berichtet sie stolz. Schöne Schuhe und Kleider zieht sie an, „der Schrank ist voll“, erzählt Julia, ihren Glücksbrin­ger – ein silberner Notenschlü­ssel an einer Kette, den sie um den Hals trägt – legt sie so gut wie nie ab. Bei Konzerten und Klassenarb­eiten gibt er ihr Kraft, vor allem beim Kopfrechne­n kann Julia das gebrauchen. Rechnen nämlich liegt ihr gar nicht, oft lernt der Papa mit ihr für Mathe, „er ist Banker“, sagt Julia. „Manchmal verdreht er die Augen. Dafür kann er keine Gedichte schreiben“, sagt sie und lacht.

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