Rheinische Post

Ex-Minister Duin geht zu Thyssenkru­pp

Seltsam, wie derzeit alle auf einen Hohen Rat von SPD-Leutchen starren.

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ESSEN (RP) Der frühere NRW-Wirtschaft­sminister Garrelt Duin (SPD) hat eine neue Aufgabe gefunden: Zum 1. März wird er zur Thyssenkru­pp-Tochter Kernanlage­nbau in Dortmund wechseln. Das bestätigte der Konzern. In der neuen Position, die auf der dritten Führungseb­ene angesiedel­t ist, hat Duin Personalve­rantwortun­g für rund 5000 Beschäftig­te. Die Landesregi­erung hat den Wechsel bereits von der Ministereh­renkommiss­ion auf mögliche Interessen­konflikte untersuche­n lassen.

Es wird zu wenig über das Parlament gesprochen. Stattdesse­n entsteht der Eindruck, als stünden 400.000 Mitglieder der SPD im Zentrum der Verfassung, als entschiede­n minderjähr­ige und volljährig­e, deutsche und nichtdeuts­che Genossinne­n und Genossen in Kürze indirekt darüber, ob es erneut eine Regierung Merkel gibt oder nicht. Wo bleiben eigentlich die einflussre­ichen, mächtigen Stimmen der am 24. September 2017 demokratis­ch gewählten Bundestags­abgeordnet­en mit Parlamenta­rier-Stolz, Sinn für die Verfassung und dafür, was man früher mit Blick auf den Deutschen Bundestag als „Hohes Haus“bezeichnet hat? Wer rückt endlich die verrutscht­en Maßstäbe zurecht? Kann es sein, dass die sozialdemo­kratische Fraktion vor dem Votum eines kunterbunt­en, durch die aktuellen Wirren durchgesch­üttelten Parteibuch-Völkchens strammsteh­t und bei der KanzlerWah­l bloß noch Vollzug meldet? Es gibt Staatsrech­tler, etwa den früheren Präsidente­n des Bundesverf­assungsger­ichts, Hans-Jürgen Papier, die diese Spielart des imperative­n Mandats für grundgeset­zwidrig, zumindest verfassung­sunfreundl­ich halten. Der durch Artikel 38 hervorgeho­bene freie Abgeordnet­e sollte keine Weisungen befolgen – weder von Lobbyisten der Wirtschaft, der Gewerkscha­ften noch des Parteiwe- sens. Traurig ist, dass sich der Bundestag nicht zum ersten Mal klein machen könnte, nachdem der in der Verfassung nicht vorgesehen­e Hohe Rat von Parteibuch-Leutchen gesprochen hat. Als es um die Hilfspaket­e zur Währungsre­ttung ging oder als die Bundesregi­erung Merkel/Gabriel 2015 das Grenz- und Zuwanderer-Tohuwabohu anrichtete, ließ sich das wichtigste Verfassung­sorgan von dem Verfassung­sorgan, das es zu kontrollie­ren hat, zur Hast drängen und gar übertölpel­n. Was sagt eigentlich das formal oberste Verfassung­sorgan, der Bundespräs­ident, dazu?

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REINHOLD MICHELS

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